Zufrieden auf der Stelle getreten

Hertha BSC und der VfL Wolfsburg trennen sich in Berlin 1:1

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.
Hertha? Guckt nur auf das DFB-Pokalhalbfinale gegen Dortmund. Wolfsburg? Hat die Champions League im Fokus und ein großes Lazarett. Die Bundesligapartie der beiden Klubs wird trotzdem mehr als eine Pflichtübung.

Auf der Stelle treten – das war mehr als einmal nötig an diesem Samstagnachmittag: Der Rasen des Berliner Olympiastadions glich schon vor dem Anpfiff einem Acker. Einzelne Rasenstücke mussten immer wieder festgetreten werden. Die Spielfläche war derart ramponiert, dass die Trainer des VfL Wolfsburg und von Hertha BSC, Dieter Hecking und Pal Dardai, schon vor dem Anpfiff der Bundesligapartie darüber unterhielten: »Ich glaube, es ist für Hertha nicht angenehm, auf so einem Platz zu spielen. Zum Pokalendspiel wird er wieder top sein, das haben wir gesehen«, sagte Hecking später.

Die Worte des Wolfsburger Trainers werfen ein Schlaglicht auf die derzeitige Unsicherheit beider Mannschaften, ihre Zielsetzung in der Bundesliga zu bestimmen – häufig wird dann das »Von-Spiel-zu-Spiel«-Denken propagiert: Wolfsburg, letzte Saison Zweiter in der Liga und Pokalsieger gegen Dortmund, hat gute Chancen in der Champions League das Viertelfinale zu erreichen – die Belastung sorgt jedoch für viele Verletzte, der VfL hängt seinem Anspruch, die Nummer zwei in der Liga hinter Bayern München zu werden, hinterher. Und Hertha? Schielt mit mehr als einem Auge auf ebenjenes Pokalfinale , die erste Liga, in der man Platz drei verteidigt ist nicht der wichtigste Wettbewerb – viele Gedanken sind schon beim Halbfinale gegen Borussia Dortmund, das im April stattfindet, Hertha spielt die beste Pokalsaison seit 35 Jahren.

In der Liga treten beide Mannschaften derzeit ebenfalls auf der Stelle, noch mehr nach dem laut Hecking »leistungsgerechten Unentschieden« – einer Wertung, der sich Dardai nach Abpfiff sofort anschloss. Und die Partei des 21. Spieltages war tatsächlich sehr ausgeglichen: Beide Mannschaften hatten jeweils 50 Prozent Ballbesitz und gewannen auch jeweils genau die Hälfte aller Zweikämpfe. Wobei Hertha zu Beginn zielstrebiger agiert – der Einsatz der zuvor verletzten Salomon Kalou und Mitchell Weiser macht sich in Offensivaktionen bezahlt. Dardais Bauchgefühl sprach vor der Partie gegen das Auflaufen der beiden – die Vereinsärzte und Physiotherapeuten hatten ihn jedoch überzeugt.

Hertha beginnt stärker und kommt durch Vladimir Darida zur ersten Großchance, als der eine Hereingabe von Kalou nur knapp am Tor vorbeigrätscht (18. Minute). Bis zum Pausenpfiff bleibt es aber torlos, auch weil Julian Draxler, der Nationalspieler auf Wolfsburger Seite in der letzten Minute vor der Pause zu überrascht ist, dass der Ball tatsächlich völlig frei vor ihm nur zwei, drei Meter vor dem Berliner Tor liegt – er kann nicht mehr reagieren.

Draxler war zu Wolfsburg auch als Ersatz für Kevin De Bruyne geholt worden – ersetzen kann er ihn noch nicht. Das Tempo im Spiel ist beim VfL nicht mehr so hoch wie zu De Bruynes Zeiten beim Konzernklub – in Berlin geht der VfL nach der Pause dennoch in Führung, nachdem zunächst die Berliner furios beginnen: Herthas John-Anthony Brooks will auf Links gegen Vieirinha klären, schlägt aber ein Luftloch. So kann Vierinha unbedrängt nach innen flanken, Marcel Schäfer hat genügend Zeit, den Ball ins Tor zu befördern (53.). Die Führung hält jedoch nicht lange. Kalou setzt bei einer Berliner Chance energisch nach und versenkt den zweiten Ball im Wolfsburger Tor (60). Bei dem Unentschieden bleibt es auch trotz einer laufintensiven und chancenreichen Schlussphase.

Beide Trainer wollen das Spiel schnell abhaken, beide geben sich zufrieden mit dem Punkt. Obwohl Hertha BSC und der VfL Wolfsburg damit in der Liga weiter auf der Stelle treten – es ist für beide Klubs eben nicht der wichtigste Wettbewerb in dieser Saison.

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