Aborigines bleiben ausgegrenzt und entrechtet

Für die australischen Ureinwohner hat sich in den vergangenen Jahrzehnten kaum etwas verbessert

  • Michael Lenz
  • Lesedauer: 3 Min.
Die australischen Ureinwohner leben kürzer, haben einen schlechteren Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt. Die Regierung erfüllt die selbstgestellten Hilfsziele nicht.

Mit viel Getöse wurde vor 30 Jahren der Ayers Rock an den Aboriginalstamm Mutitjulu zurückgegeben. Die Rückübertragung von Uluru, so der Aboriginalname des großen Felsbrockens im Outback des Northern Territory (NT), wurde als Meilenstein auf dem Weg zu Gerechtigkeit und Wohlstand der jahrhundertelang unterdrückten Aborigines gefeiert.

Bei den Feiern zum Jahrestag der Rückgabe im Oktober war von der Aufbruchstimmung nichts mehr übrig: »Im Großen und Ganzen hat sich der Fels in den 30 Jahren kaum verändert und tragischerweise gilt das auch für die Mutitjulu«, gestand Aborginalminister Nigel Scullion. Hunderttausende Touristen pilgern jährlich zum heiligen Berg der Aborigines und lassen sich den Eintritt in den Uluru-Kata-Tjuta-Nationalpark 25 Dollar pro Person kosten. Ein Viertel davon geht an die Mutitjulu. Der Löwenanteil versickert aber in einer aufgeblähten Bürokratie.

Das Elend der Mutitjulu ist kein Einzelfall, sondern bittere Lebenswirklichkeit der Mehrheit der rund 670 000 australischen Ureinwohner, von denen die meisten in den Weiten des NT leben. Das geht aus dem jüngst dem Parlament in Canberra vorgelegten 8. Report »Closing the Gap« - »Die Lücke schließen« - hervor. »Einmal mehr ist das Ergebnis gemischt«, sagte Premier Malcolm Turnbull.

Keine Fortschritte wurden bei der Lebenserwartung erreicht - die Aborigines leben zehn Jahre kürzer als der Durchschnitt aller Australier. Auf dem Arbeitsmarkt sind Aborigines benachteiligt. Sie machen nur drei Prozent der Bevölkerung aus, aber 27 Prozent aller Häftlinge.

Ein bescheidener Erfolg wurde bei der Kindersterblichkeit erzielt, die um ein Drittel zurückgegangen ist, aber noch immer um 34 Prozent über dem Landesdurschnitt liegt. Ebenfalls ein Lichtblick blitzt bei der höheren Schulbildung auf: Immer mehr Aborigines haben einen Abschluss. Insgesamt, so Turnbull, seien aber nur bei zwei der sieben Punkte zur Verbesserung von Gesundheit, Bildung und Beschäftigung der Aborigines Verbesserungen erzielt worden.

Seit Beginn der britischen Besiedlung Australiens vor rund 240 Jahren wurden die Ureinwohner systematisch unterdrückt. Rechtsgrundlage bot den Briten die Erklärung Australiens zur »terra nullius«, zum staatsrechtlich herrenlosen Land. Auf dieser Basis wurde Anfang des 20. Jahrhunderts die »Australien nur für Weiße«-Politik entwickelt.

Zumindest juristisch wurde in jüngerer Vergangenheit ein Schlussstrich unter die Diskriminierung gezogen: 1967 erhielten die seit über 50 000 Jahren auf dem fünften Kontinent lebenden Ureinwohner die australische Staatsbürgerschaft. Die Richter im berühmten »Mabo«-Prozess um Landrechte warfen 1993 »terra nullius« auf den Müllhaufen der Geschichte.

Seitdem wurden Milliarden für Hilfsprogramme ausgeben, die meist jedoch verpufften. Für Justin Mohamed ist die unzureichende Einbeziehung der Aborigines in die Gestaltung eine wesentliche Ursache für dieses Scheitern. Ausdrücklich begrüßt der Chef der Hilfsorganisation Reconciliation Australia die Zusicherung von Premierminister Turnbull, die Aborigines in der Verfassung als Ureinwohner Australiens offiziell anzuerkennen. Eine solche Verfassungsänderung, so Mohamed, wäre ein »wichtiger Schritt hin zu ›Closing The Gap‹ - zur Schaffung eines gerechten und versöhnten Australiens«.

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