Zocken mit der Gesundheit

Kurt Stenger über die Zinsprobleme der Krankenversicherungen

Für neoliberale Gesundheitsökonomen ist der Fall klar: Wie bei der Altersversorgung ist auch im Gesundheitssystem das Umlageverfahren mitsamt Solidarprinzip ein Auslaufmodell. Das demografische Problem, wonach immer weniger Junge und Gesunde für immer mehr Alte und Kranke zahlen müssen, sei für die Gesetzliche Krankenversicherung nicht zu bewältigen. Dagegen sei das Kapitaldeckungsverfahren der Privatkassen der Schlüssel zur Zukunft. Lange Jahre war diese gefährliche Meinung vorherrschend, auch in TV-Talkshows. Demagogisch wurden die Leistungskürzungen bei den Gesetzlichen und die Zwei-Klassen-Medizin als Beweis angeführt, obwohl diese mit dieser Systemfrage nichts zu tun hatten.

Erst die Finanzkrise mit ihren Börsencrashs brachte die Erkenntnis mit sich, dass auch bei der Kapitaldeckung erhebliche Risiken lauern. Die privaten Krankenversicherer gehen das Demografieproblem so an, dass sie einen Teil der Beiträge der Jungen gewinnbringend anlegen, um für deren Alter gewappnet zu sein. Sind jedoch die Zinsen über einen längeren Zeitraum extrem niedrig, geht die Rechnung nicht mehr auf. Viele Versicherer haben daher aktuell erhebliche Probleme. Das Umlageverfahren mag nicht perfekt sein - wer das Demografieproblem aber mit dem Börsenkapitalismus lösen will, läuft Gefahr, die Gesundheitsversorgung zu verzocken.

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