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Protestpartei oder Angebotspartei, das ist hier die Frage!

Der Osten, seine Anfälligkeit für autoritäre Lösungen und die Linke. Ein etwas anderer Erklärungsversuch von Luise Neuhaus-Wartenberg und Halina Wawzyniak

  • Luise Neuhaus-Wartenberg und Halina Wawzyniak
  • Lesedauer: 13 Min.

Nach den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hat in der LINKEN eine Art der besonderen, vielleicht sogar neuen, Strategiedebatte begonnen. Diese dreht sich um die Frage, wie wir verlorengegangene Wähler*innen wieder erreichen können. Diese Debatte rankt sich um die Frage, ob wir «die soziale Frage wieder in den Mittelpunkt stellen müssen» (so als hätte DIE LINKE das nicht seit Jahren gemacht), ob wir ein Bündnis gegen Neoliberalismus benötigen und ob DIE LINKE (wieder) Protestpartei werden soll, ob ein «Weiter so, nur noch mehr und lauter» richtig scheint, ob es Zeit wäre, Dinge grundsätzlich zu ändern. Es werden die Grundfragen debattiert: «Was tun in diesen Zeiten?» und «Wozu braucht es eine linke Partei»?

Unser Eindruck ist, dass vielen Schlussfolgerungen eine Analyse zu Grunde liegt, die vielfältige gesellschaftliche Veränderungen ausblendet. Die Analyse und Schlussfolgerungen von Jörg Schindler und Tobias Schulze teilen wir an vielen Stellen und verstehen unseren Beitrag insofern als Ergänzung.

Nicht erfüllte Hoffnungen und Angst vor Veränderung

Tobias Schulze und Jörg Schindler gehen in ihrer Analyse auf die AfD-Wähler*innen in Sachsen-Anhalt ein. Sie beschreiben aus unserer Sicht die Realität im Osten der Republik durchaus zutreffend. Um ein Gesamtbild zu bekommen, muss aus unserer Sicht aber ein wenig weiter ausgeholt werden, um das Lebensgefühl vieler Menschen im Osten nachvollziehen zu können.

Die Wähler*innen im Osten, die älter als 45 Jahre sind, haben die DDR noch aktiv erlebt. Sie sind in ihr aufgewachsen und wurden durch sie sozialisiert und nachhaltig geprägt. Sie wuchsen in autoritären und vor allem nicht demokratischen Strukturen, einer bisweilen sehr kleinbürgerlichen Gesellschaft auf. Ein Erlernen und Erfahren von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit war schwer möglich. Eine breit getragene antiautoritäre Bewegung wie die 68er in Westdeutschland konnte in der DDR bis 1989 nicht entstehen, der Prozess der Demokratisierung und Emanzipation in der Wendezeit 1989/90 war zu kurz und für viele nicht prägend. Durch die äußere Abgeschlossenheit der DDR war internationale Solidarität in der Praxis für Viele eher eine Losung denn praktisches Erleben. Das Entwickeln eigener Standpunkte wurde nicht gefördert, häufig sehr repressiv unterbunden und Meinungspluralismus nicht toleriert. Dadurch und aufgrund fehlender Pressefreiheit wurden offene gesellschaftliche Debatten nicht geführt. Das Fehlen von Gewaltenteilung führte zu Willkür und Obrigkeitsdenken. Die Kehrseite dieser Strukturen, namentlich die weitgehende Abwesenheit existenzieller Not und Armut ermöglichte Vielen trotz mancherlei Einschränkungen ein glückliches Leben zu führen. Nicht das Leben in der DDR gilt es zu kritisieren, sondern deren antidemokratische Strukturen.

Eine breit geführte, ernstgemeinte, kritische gesellschaftliche Auseinandersetzung mit diesen Strukturen ist aus vielen Gründen unterblieben. Insbesondere die Art und Weise der geführten Debatten hat vielfach die tatsächliche und/oder gefühlte Differenz zwischen eigener Lebenserfahrung und «offizieller» Mainstream- Meinung über den Staat und das Leben in der DDR geprägt. Die weitgehende Ersetzung der DDR-Eliten und der sozial-ökonomische Druck führte bei in der DDR geborenen Neubürger*innen zu erheblichen Verletzungen und zu wachsender Resignation. Einen Teil dieser Resignation konnte die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) auffangen.

Nach der Wende hatten die einen mit der Negation ihrer Biographien zu kämpfen und die anderen waren euphorisch im Hinblick auf die ihnen versprochenen «blühenden Landschaften» und demokratischen Möglichkeiten. Die wie eine Heilsversprechung daherkommenden demokratischen Möglichkeiten haben sich für viele Menschen nicht erfüllt. Denn wieder konnten gelernte «DDR-Bürger*innen nicht, wie sie wollten. Der Westen setzte ihnen seine im Volksmund »Beamte mit Buschzulage« genannte zweite und dritte Garde vor die Nase und ließ den ehemaligen DDR-Bürger*innen keine Chance, Mitbestimmung und aus ostdeutscher Erfahrung getragene Entscheidungsbefugnis zu lernen und zu leben. Es gab ja einen Demokratie- und Freiheitsbegriff, den es zu übernehmen galt. Die »blühenden Landschaften« blühten, an Stellen kurz und meist nur in den Großstädten. Flächenlandkreise sind bis heute zumeist ein visuelles Vergnügen, jedoch gibt es kaum noch gesellschaftliches Leben. Der fußläufige Konsum, Schulen, das Kultur- und Clubhaus, nichts dergleichen ist mehr zu finden, weil es sich »nicht rechnet«. Die Bushaltestelle blieb und bleibt oft die einzige Begegnungsstätte für junge Leute, an der, wenn überhaupt, der Bus maximal zweimal pro Tag hält.

Den herüber geschwappten Alt-Parteien-West fehlt häufig die Sensibilität für die Lebensgeschichte der geborenen DDR-Bürger*innen. Sie legten und legen ihre seit 40 Jahren eingeübten Maßstäbe und Kriterien an und können damit häufig die Lebenswirklichkeit nicht erfassen. Eine Debatte, was an Erweiterung demokratischer Mittel denk-und lebbar wäre, blieb und bleibt aus. Der Osten wäre sehr wohl in der Lage gewesen, wichtige und um ihre ideologische Aufladung befreite, sinnvolle Errungenschaften der DDR in das »neue« Land zu transportieren. Dafür hätte sich das »Siegerland« nach dem Tage des erklärten »Beitritts« der DDR freiwillig verändern müssen.

Es setzt sich der Eindruck fest, dass der Westen ansagt, wo es lang geht. Es entstand eine bis heute gefährliche Mischung: autoritär und nichtdemokratisch aufgewachsen, wurden die in Wendezeiten geweckten Hoffnungen nicht erfüllt. Lange Jahre haben die PDS und später DIE LINKE von dieser Stimmungslage profitiert. Zu Recht. Die Debatte zur Verantwortung der SED, also der eigenen Geschichte, wurde zäh geführt, in einem Spagat wurde versucht sowohl die Nostalgiker*innen als auch die Kritiker*innen der Zustände in der DDR anzusprechen. Die PDS verstand sich als Outsider. Sie überhöhte die Oppositionsrolle und bediente eine Stimmung, bei der, wenn man das Kreuz bei der PDS machte, man »die anderen Parteien besonders ärgerte«. Die PDS war über Jahre und für Viele die Protestpartei. In den 90er und Anfang der 2000er Jahre für das politische Überleben als Partei der richtige Weg, könnte dies rückblickend kritischer zu bewerten sein. Die PDS hat bei der Integration der DDR-Bürger*innen in das politische System der Bundesrepublik mitgeholfen, hieß es. Heute muss es wohl heißen: Eine Zeit lang. Denn die eigentliche Kompetenz der Ostdeutschen, nämlich die Erfahrung, ein System friedlich und kulturvoll zu überwinden, bis hin zu einem kompletten Systemwechsel, wurde auch von ihr viel zu wenig abgefragt und die daraus notwendigen Schlussfolgerungen wurden nicht gezogen. Die PDS hat rückblickend viel zu wenig versucht, deutlich zu machen, warum die Verfasstheit der Bundesrepublik Deutschland ein viel besseres Fundament zur Erreichung einer nichtkapitalistischen Gesellschaftsordnung ist, als die DDR es in ihrer Verfasstheit je sein konnte. Zugespitzt formuliert: Die PDS hat auch einen erheblichen Anteil daran, dass die reine Protesthaltung hoffähig wurde.

All das rächt sich heute. Die Gesellschaft hat sich in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten rasant verändert. Die Antworten aus dem vergangenen Jahrhundert taugen heute nur noch bedingt. Es gibt mehr Informationen, die Welt ist grauer geworden und nicht mehr nur schwarz-weiß. Viele neue Fragen stellen sich und machen zunächst nachvollziehbare Angst. Angst vor Veränderung. Auf die Veränderungen einer komplizierter gewordenen Welt helfen einfache Antworten ebenso wenig wie Linkspopulismus. Populismus jedweder Art setzt am Ende auch auf Verkürzung und Vereinfachung und ist damit antiaufklärerisch.

Dieser Befund befreit natürlich nicht von individueller Verantwortlichkeit für autoritäres Verhalten und für die Wahl einfacher, weil (rechts)populistischer angeblicher Lösungen. Es gibt keinen Automatismus zwischen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und konkretem Verhalten. Am Ende hat jede*r die Chance Haltung zu beweisen und sich bewusst zu entscheiden.

Die Verfasstheit der eigenen Partei

DIE LINKE ist tatsächlich nicht mehr nah bei den Menschen. Häufig jedenfalls. Viel zu sehr haben wir uns eingerichtet und bewegen uns in unseren eigenen Kreisen. Wir sind die Partei des Bewahrens, die Partei alter Antworten. Neuen gesellschaftlichen Entwicklungen wird mit Abwehr und nicht mit dem Wunsch, in Kenntnis der Risiken, die vorhandenen Chancen für die Entwicklung einer nichtkapitalistischen Gesellschaft auszuloten, begegnet. Das hat auch etwas mit unserer eigenen Entwicklung zu tun.

DIE LINKE entstand aus der Vereinigung von WASG und PDS im Jahr 2007. Historisch war diese Vereinigung eine Notwendigkeit um ein bundespolitisches Profil zu entwickeln. Allerdings ging diese Vereinigung auch mit einem gewissen Rollback inhaltlicher Positionen und Revision offener Parteistrukturen einher. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, wurde vielfach auf gewachsene Erfahrungen der PDS verzichtet. DIE LINKE –so der Mythos- ist als Protestpartei aus dem legitimen und notwendigen Kampf gegen Hartz IV entstanden. Vergessen wird dabei, dass die damalige PDS mit der Agenda Sozial mehr als nur Protestpartei war und konkrete Alternativen vorgeschlagen hatte. Die positiven wie negativen Erfahrungen mit den Regierungsbeteiligungen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, mit der Tolerierung in Sachsen-Anhalt dienten im Parteifusionsprozess eher als Folie von Machtkämpfen und der Zuschreibung von Haltungen als dem Wunsch daraus zu lernen und gesamtparteilich eine Debatte darüber zu führen, was denn die eigentlichen Vor- und Nachteile von Regierungsbeteiligungen sind und was es für ein Bundesland bedeuten könnte, wenn »Links« fünf Jahre oder mehr wirkt. Der schmerzhafte Weg der Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und vor allem, was dies für Menschen an persönlicher Auseinandersetzung mit ihrer Verantwortung und Rolle bedeutete, interessierte die neue Gesamtpartei nicht wirklich, es wurde bestenfalls hingenommen.

Errungene Positionen zur Frage des Umgangs mit Geflüchteten wurden offensiv und viel zu wenig widersprochen infrage gestellt. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die These von den »Fremdarbeitern«. Die natürlich nicht ausreichende, dennoch aber vorhandene Verankerung in zivilgesellschaftlichen Strukturen wurde mit der Frage, ob denn die Zivilgesellschaft auch eine Faxnummer habe, diskreditiert.

Die LINKE wurde mit der Vereinigung von WASG und PDS zu einer Partei, in der es erstens um die soziale Frage ging, zweitens um die soziale Frage ging und drittens um die soziale Frage ging. Viertens und Fünftens war die LINKE eine Friedenspartei und manchmal wurde auch vergessen zu vergessen, dass die LINKE auch eine Partei der Demokratie ist. DIE LINKE sollte sich vorrangig als parlamentarischer Arm der Gewerkschaften verstehen und als Partei die sich vor allem um sozial ausgegrenzte Menschen und vom Verlust der Erwerbsarbeit bedrohte Menschen kümmert.

Vielfältige Erfahrungen mit einer differenzierten Ansprache von Wähler*innen und sozialen Milieus, die die PDS im Osten machte, wurden nicht oder zu wenig berücksichtigt. Der Kontakt zum Anglerverein wurde ebenso belächelt wie z. B. der Hinweis, dass auch OWUS als Verband von Linken Selbständigen ein Ansprechpartner sein könnte und unbedingt sein sollte, zahlreiche weitere Beispiele ließen sich hier noch nennen. Aktionen, Konferenzen und Kampagnen kosteten vor allem Geld und erreichten zu Wenige – manchmal auch aus ganz banalen Gründen, wie der unzureichenden Analyse, was Partei leisten kann und was sich lohnt, um Menschen anzusprechen.

Ein in der PDS nach der Bundestagswahl 2002 begonnener Prozess zur Parteireform wurde im Rahmen der Parteienfusion einfach ignoriert. Wir haben es schlichtweg verpasst, dass auch unsere Partei, in einer sich ständig verändernden Welt, sich einem stetigen Prozess der Parteireform unterziehen muss.

Für nicht wenige Mitglieder der PDS wurde durch die Haltung im Rahmen des Parteifusionsprozesses zum zweiten Mal binnen 15 Jahren ihre Lebensleistung in Frage gestellt. Die Devise »Alles neu« stellte ihr Engagement in harten Zeiten in Frage. Dies schlug Wunden, die bis heute nicht verheilt sind.

Eine LINKE, die gesellschaftliche Prozesse gestalten will, muss auch den eigenen Entwicklungsprozess kritisch hinterfragen, ohne den Vereinigungsprozess von PDS und WASG in Frage zu stellen. Nur wenn wir uns auch kritisch damit auseinandersetzen, können wir zu einer neuen Form von Solidarität und Akzeptanz kommen.

Was könnten wir tun?

DIE LINKE braucht eine klare Verständigung darüber, wie sie die Gesellschaft, in der sie wirkt, bewertet. Handelt es sich um eine »Scheindemokratie«, gesteuert von fremden Mächten und der Wirtschaft, in der die Pressefreiheit nicht wirklich gewährleistet ist oder sehen wir diese Gesellschaft als eine Grundlage an, Schritte zu einer nichtkapitalistischen Gesellschaft gemeinsam mit einem großen Teil der Menschen zu gehen? Wollen wir die bestehende Gesellschaft gegen autoritäre Angriffe verteidigen, um sie weiterzuentwickeln oder selber angreifen, um sie letztlich zu beseitigen?

Unserer Auffassung nach müssen wir die bestehende Gesellschaft weiterentwickeln. Hin zu umfassender sozialer Gerechtigkeit und Teilhabe, hin zu mehr gelebter Solidarität, hin zu einer friedlichen Welt, hin zu mehr Demokratie, hin zu umfassender europäischer Verständigung, hin zu einem besseren Europa.

Wir wollen die Gesellschaft zu einer nichtkapitalistische Gesellschaft weiterentwickeln. Eine Gesellschaft weiterzuentwickeln setzt aber voraus, dass etwas vorhanden ist, was weiterentwickelt werden kann. Ein Fundament. Dieses Fundament wird von der AfD und anderen autoritären Parteien und Gruppierungen in Frage gestellt. Die Aussagen im Entwurf des Grundsatzprogramms der AfD belegen dies eindeutig. Wenn die AfD oder andere rechtspopulistische und autoritäre Parteien und Gruppierungen sich durchsetzen, gibt es nichts zum Weiterentwickeln. Dann gibt es zukünftig die antidemokratischen und autoritären Strukturen plus ein bisschen Marktwirtschaft ohne jedweden sozialen Rahmen. DIE LINKE muss sich entscheiden: entweder das vorhandene Fundament unseres Grundgesetzes mit anderen Demokrat*innen verteidigen, um eine Option auf Weiterentwicklung zu erhalten oder außerhalb auf der Zuschauertribüne weiter vollkommen wirkungslos recht haben.

Protestpartei oder Angebotspartei, das ist hier die Frage!

Wir wollen eine Angebotspartei. Das setzt voraus, dass wir vielfältiger in der Ansprache von Menschen werden müssen, spezifische Zielgruppen mit unterschiedlichen Mitteln ansprechen.

Eine Angebotspartei über alle Generationen hinweg, die von sich und der Gesellschaft lernt, die ohne in billigen Populismus zu verfallen und im Gestus der Aufklärung, aufbauend auf dem Fundament der derzeitigen Gesellschaft, Angebote für eine Weiterentwicklung hin zu einer nichtkapitalistischen Gesellschaft entwickelt. Freiheit und Sozialismus oder Freiheit und soziale Gerechtigkeit sollen unsere Handlungsmaximen sein und bleiben. Praktisch sollten wir für eine Weiterentwicklung der Gesellschaft werben, was radikale Kritik an der bestehenden Gesellschaft voraussetzt, nicht aber ihre Verteufelung. Es ist möglich -und notwendig- im Rahmen der Verteidigung des Fundaments konkrete Veränderungsvorschläge zur Weiterentwicklung des Bestehenden zu unterbreiten. Wir brauchen moderne und tragfähige Antworten, jenseits des Rückzugs in den Nationalstaat auf Globalisierung, Klimawandel und Digitalisierung. Diese müssen sich an unseren Ansprüchen für umfassende soziale Gerechtigkeit und Teilhabe, für eine friedliche Welt und mehr Demokratie messen lassen. Als Angebotspartei im genannten Rahmen unterscheidbar zu sein wäre die strategisch bessere Herausforderung. Uns erscheint dies allemal lohnender als sich als Protestpartei aufzustellen und in der Folge notwendigerweise autoritäre Lösungen zu präsentieren. Die Angebotspartei sollte sich aber nicht nur durch inhaltliche Angebote profilieren, sondern entscheidend ist auch die Art und Weise, wie wir diese Angebote kommunizieren, wie wir Diskussionen organisieren und wie alle, die es wollen, so barrierefrei wie möglich daran teilnehmen können. Wir wollen dazu zwei konkrete und sehr naheliegende Ideen in die Debatte einbringen:

  • Ehrliche Evaluation der Wirksamkeit unserer Wahlkreisbüros. Leisten sie das, was wir uns von ihnen versprechen? Strahlen sie wirklich nach außen aus? Es geht uns ganz sicher nicht darum, etwa das ehren- und hauptamtliche Engagement unserer Genoss*Innen vor Ort in Frage zu stellen. Es ist aber einfach so, dass sich das Verhalten der Menschen außerhalb unserer Partei verändert. Der Gang in ein noch so offen gestaltetes Büro ist die Ausnahme, nicht der Alltag. Es kann deshalb sinnvoll sein, stationäre Büros zu schließen und sie als mobile Wahlkreisbüros wieder auferstehen zu lassen, um damit regelmäßig vor Ort zu sein. Lasst uns nicht warten, dass die Leute zu uns kommen. Sondern wir gehen zu den Leuten. Unsere Reichweite wird größer, wir sind einfacher ansprechbar und können konkrete Anliegen aufgreifen.

  • Weniger Kampagnen, die zu Wenige erreichen, dafür mehr Debatte und dies an Orten, wo diese heute geführt werden: online! Wir sollten die sog. neuen Medien/sozialen Netzwerke nutzen, um zu diskutieren, um schneller zu erfahren, was die Menschen bewegt und für unsere Angebote zu werben. Begreifen wir sie doch einfach als bundesweite Infostände. Wir hätten sogar die Option unsere Angebote mit den Bürger*innen zu debattieren und ihnen so Einflussmöglichkeiten und Mitbestimmung einzuräumen. Solange wir mehrheitlich Twitter und Facebook als Verkündungsmedium und nicht als Diskussionsforum sehen, vergeben wir uns Chancen für uns und unsere Angebote zu werben. Soziale Netzwerke gehen auch von Links. Diesen Beweis sollten wir antreten.

Wir müssen reden. Über diese und viele andere Ideen. Offen, selbstkritisch und mit dem gemeinsamen Ziel, DIE LINKE wieder stark zu machen. Ob wir dies auf dem Bundesparteitag beginnen, ob wir Veranstaltungen oder gar eine neue Programmdebatte benötigen, das müssen wir gemeinsam entscheiden.

Luise Neuhaus-Wartenberg ist Landtagsabgeordnete der Linkspartei in Sachsen und Sprecherin des Forums Demokratischer Sozialismus. Halina Wawzyniak ist Bundestagsabgeordnete der Linkspartei.

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