Der FSV Frankfurt braucht eine Marienerscheinung

Am Bornheimer Hang muss die Motivation von innen kommen - von den Rängen gilt sie meist den Gegnern

7000 Nürnberger Fans haben ihre Mannschaft die 242 Kilometer nach Frankfurt-Bornheim begleitet. Nach nicht repräsentativen Schätzungen im Kollegenkreis macht dieser menschliche Faktor bis zu zehn Punkte im Aufstiegsrennen aus. Gut für den Club, schlecht für die Konkurrenz.

Auch am vergangenen Wochenende sah man wieder Fußballspieler, die mit ernstem Gesichtsausdruck und hängenden Schultern vor ihre jeweiligen Fankurven traten und auf zerknirscht machten. Ein vollkommen sinnloses Büßerritual, dessen Aussage sich mir nie erschließen wird. Entschuldigen sich da ein paar Fußballspieler dafür, dass sie nicht alles dafür getan haben, die Niederlage abzuwenden? Dann gäbe es nichts zu entschuldigen, ein Tritt in den Arsch muss ja nicht immer metaphorisch gemeint sein. Er kann auch mal wehtun.

Viel wahrscheinlicher ist allerdings, dass die Zerknirschung eher dem Resultat gilt als Folge der eigenen Leistung (oder der des Schiedsrichters, aber lassen wir das heute mal unbeachtet). Dann aber stellt sich die Frage, warum man sich dafür entschuldigen sollte, dass man einfach zu schlecht war, um das Ergebnis anders zu gestalten. Es gibt nun mal bessere und schlechtere Fußballspieler, es kann nicht jeder beim FC Bayern kicken. Wie gesagt: Eine schwachsinnige Übung. Dass Fans die allen Ernstes einfordern und mit Hochachtung davon sprechen, Spieler X habe »wenigstens« den Anstand besessen, nach dem Spiel zur Kurve zu kommen, ist grotesk. Grotesk, aber weitverbreitet.

Auch am vergangenen Sonntag schlichen also ein paar Spieler in schwarz und blau zur Fankurve des FSV Frankfurt, wobei man wissen muss, dass die in der Regel so spärlich besetzt ist, dass von 17 konkurrierenden Zweitligamannschaften gut und gerne 15 ein Heimspiel haben, wenn sie am Bornheimer Hang spielen – zwei Busse mit Auswärtsfans können schon reichen. Wüste Beschimpfungen gab es dann auch nicht für die Spieler, die wenigen Fans des kleineren Frankfurter Fans sind sowieso eher als freundliche Zeitgenossen bekannt.

Viel spannender war das Geschehen in der gegenüberliegenden Kurve. Denn vor der wirkten die Nürnberger Spieler tatsächlich völlig losgelöst. Was natürlich vor allem am 3:0-Sieg nebst der Aussicht auf den baldigen Aufstieg gelegen haben dürfte. Aber eben auch daran, dass gut und gerne 7000 Fans mitgekommen waren und eine Lautstärke entfacht hatten, bei der es sich mit Sicherheit besser schwungvoll kicken lässt als wenn man an der Mittellinie noch hört, wie der eine Stehplatzfan den anderen fragt, ob er ihm ein Bier mitbringen soll.

Im Anschluss an die Feierlichkeiten von Frankfurt-Bornheim schloss sich im Stadioninneren eine Diskussion an, wie viele Punkte eine massive Fan-Unterstützung wie sie der 1. FC Nürnberg hat, am Ende ausmachen kann. Die Schätzungen im Journalistenkreis schwankten zwischen vieren und zehn. Sollte das stimmen, kann man dem 1. FC Nürnberg wohl jetzt schon zum Aufstieg gratulieren. Dem FSV Frankfurt ist hingegen im Abstiegskampf ein transzendentales Erlebnis in der Preisklasse von Darm-Entschlackungs-Büchern oder Marien-Erscheinungen zu wünschen. Die Motivation muss hier wirklich von innen kommen. Von ganz tief drinnen.

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