Poroschenkos problematischer Patriotismus

Während des blutigen Konfliktes im eigenen Land sicherte der ukrainische Präsident sein Vermögen auf den Virgin Islands

  • Ulrich Heyden, Moskau
  • Lesedauer: 2 Min.
Während in der Ostukraine im August 2014 ukrainische Soldaten beim »Anti-Terror-Kampf« starben, ließ ihr Oberbefehlshaber eine Offshore-Gesellschaft auf den Virgin Islands registrieren.

Mit dem Patriotismus, den der ukrainische Präsident Petro Poroschenko allzeit beschwört, ist es nicht weit her. Das bestätigen die Panama-Dokumente. Mitten im Kampf um die abtrünnige Ostukraine regelte der ukrainische Präsident, der immer noch Besitzer des Schokoladenkonzerns Roshen ist und über ein Vermögen von 858 Millionen Dollar verfügt, die Gründung der Offshore-Gesellschaft Prime Assets Partner auf den Virgin Islands. In der Regel geht es dabei darum, Kapital außer Landes zu bringen und Steuern zu hinterziehen.

Das war offenbar auch das Motiv von Poroschenko, der aber jetzt behauptet, er habe von der Gründung der Offshore Holding nichts gewusst. Er habe sich in letzter Zeit nur noch mit Politik beschäftigt. Fragen müssten seine Finanzberater beantworten. Diese behaupten, mit der Offshore Holding habe man die Verkaufschancen für Poroschenkos Schokoladenkonzern Roshen verbessern wollen. Der ukrainische Präsident hatte 2014 den Verkauf angekündigt, aber angeblich keine Käufer gefunden, weshalb er die Verwaltung des Kapitals einer Treuhandgesellschaft übergeben habe.

Neben der Offshore-Gesellschaft auf den Virgin Islands gründeten Poroschenkos Finanzberater noch zwei Offshore-Gesellschaften: die CEE Confectionery Investments auf Zypern und die Roshen Europe in den Niederlanden. Die drei Gesellschaften sind ineinander verschachtelt. Der Gesellschaft auf den Virgin Islands gehört die Gesellschaft auf Zypern. Dieser wiederum gehört die Gesellschaft in den Niederlanden.

Nach den Panama-Dokumenten hat Poroschenkos Offshore-Gesellschaft auf den Virgin Island nur einen Wert von 1000 Dollar, die Offshore Gesellschaft auf Zypern einen Wert von 2000 Dollar und die Roshen Europe in den Niederlanden einen Wert von 85 Dollar. Steuerhinterziehung kann man Poroschenko möglicherweise nicht nachweisen, wohl aber die Absicht. Zweifelsfrei unrechtmäßig war, dass der Präsident die drei Firmen im Ausland nicht in seinen Steuerklärungen aufführte. Schwerer als die Gesetzesverletzungen wiegen nach Meinung der Journalisten, die den »Fall Poroschenko« untersucht haben, die moralische Seite der Offshore-Gründungen. Am gleichen Tag, als Poroschenkos Offshore-Gesellschaft auf den Virgin Islands registriert wurde, starben im Kessel im ostukrainischen Ilowajsk »unter intensiven russischem Beschuss 27 ukrainische Soldaten«, heißt es - allerdings ohne Belege - in dem am 3. April vom »Organized Crime and Corruption Reporting Project« vorgelegten Untersuchungsbericht.

Die Aufregung im Lager des ukrainischen Präsidenten ist groß. Der Offshore-Skandal sei »Teil eines Hybridkrieges« und nutze »dem Feind« Russland. Die Koalitionskrise in der Ukraine sei in »eine Staatskrise umgeschlagen«, schreibt Svitlana Zalishchuk, Journalistin und Abgeordnete des Petro-Poroschenko-Blocks auf Facebook. Die Chancen, ohne Parlamentsneuwahlen eine neue Regierungskoalition zu bilden, seien geringer geworden. Sie glaube nicht, dass eine Parlamentskommission den Skandal aufklären könne, und die Justiz sei »impotent«.

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