SPD-Chef Stegner bleibt doch in Kiel

Andere Nord-Politiker zieht es dagegen nach Berlin

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.

Entgegen mancher Mutmaßungen bleibt SPD-Landes- und Fraktionschef Ralf Stegner in der schleswig-holsteinischen Landespolitik. Dort ist er der Strippenzieher für das Regierungsbündnis mit Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband. Auf einer Pressekonferenz in Kiel kündigte Stegner an, dass er sich wieder um ein Landtagsmandat in seinem Wahlkreis Rendsburg-Ost bewerben werde. Dem SPD-Bundesvize wurden zuletzt Ambitionen nachgesagt, mit einer Bundestagskandidatur seine politische Zukunft ganz auf Berlin zu konzentrieren.

Geht es nach der Medienpräsenz, ist Stegner in seiner Partei bereits ein Alphatier. Kurz vor der Pressekonferenz am Mittwoch flimmerte sein Gesicht im ZDF-Morgenmagazin über die Bildschirme. Dort kritisierte Stegner Kanzlerin Angela Merkel in der Causa Böhmermann. Warum also ohne Not hinter Thomas Oppermann und Co. in die zweite SPD-Reihe des Bundestages rücken?

Schleswig-Holsteins CDU-Landesvorsitzender Ingbert Liebing, der im Bundestag sitzt und sich anschickt, nächstes Jahr Herausforderer von Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) zu sein, weiß, wie es sich anfühlt, auf Bundesebene nur bedingt bekannt zu sein und für seine Partei im nördlichsten Bundesland keine Begeisterungsstürme auszulösen. Er kommentierte Stegners Entscheidung mit den Worten: »Die SPD in Schleswig-Holstein bleibt damit auf strammem Linkskurs.«

FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki setzt hingegen auf das Y-Modell: Der Kieler Fraktionschef hat angekündigt, sowohl für den Landtag als auch für den Bundestag kandidieren zu wollen. Dass die Liberalen trotz Verlusten überhaupt noch im Landesparlament sitzen, hat auch mit Kubicki zu tun. Der Strafverteidiger hat eine medienwirksame Ausstrahlung und fühlt sich in allen Talkshows zu Hause. Kubicki gehörte von 1990 bis 1992 sowie für wenige Monate 2002 bereits dem Bundestag an.

In puncto Fleiß und Ehrgeiz steht Robert Habeck, grüner Energiewende-, Umwelt- und Landwirtschaftsminister, Stegner und Kubicki in nichts nach. Doch seine Medienpräsenz ist geringer. Trotzdem hat Habeck seinen Hut schon im Vorjahr in den Ring geworfen: Er will als Spitzenkandidat seiner Partei in den Bundestag. Dafür muss er sich in wenigen Monaten einer Urwahl gegen den gut vernetzten Fraktionschef Anton Hofreiter und wahrscheinlich auch gegen Cem Özdemir stellen. Der Bundesvorsitzende hat seine Bewerbung dafür noch nicht ausgesprochen, doch wird in Kürze damit gerechnet. Für den Frauenplatz im Spitzenduo der Grünen hat sich bislang nur die Ko-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt beworben.

Habeck hat nur Außenseiterchancen. Trotzdem stellt er dafür seine landespolitischen Ambitionen hinten an. Gewinnt er bei der Urwahl, verdrängt er in Schleswig-Holstein den profilierten Bundestagsfraktionsvize Konstantin von Notz als Spitzenmann auf der Landesliste. Platz eins und drei der Landesliste sind Frauen vorbehalten. Für ein viertes Mandat dürfte das schleswig-holsteinische Grünen-Ergebnis kaum reichen. Verliert Habeck die Urwahl, will er nicht gegen von Notz um ein Bundestagsmandat kandidieren, aber auch nicht für den Kieler Landtag. Mit abermaliger grüner Regierungsbeteiligung in Schleswig-Holstein bliebe ihm womöglich sein Ministerposten. Doch das ist unsicher. Habeck riskiert also seine politische Zukunft. Beim Landesparteitag am 23. April in Neumünster will er sich ein Votum für seine Bewerbung in die Bundespolitik holen.

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