Wahrheitsfinder

PERSONALIE

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 2 Min.

Chinas eher schwieriges Verhältnis zur Pressefreiheit musste jüngst der stellvertretende Chefredakteur der Hongkonger Tageszeitung »Ming Pao« am eigenen Leib erfahren. Gerade an dem Tag, als auf der Titelseite des renommierten Blattes über Verstrickungen der Hongkonger Elite in Briefkastengeschäfte berichtet wurde, erhielt der verantwortliche Journalist Keung Kwok-yuen seine unverzügliche Kündigung überreicht. Das Medienunternehmen führte als Grund notwendige Sparmaßnahmen an - glauben wollte das aber kaum jemand.

»Der Umgang mit der Kündigung von Herr Keung ist geprägt von Ungereimtheiten, was es für alle sehr schwer macht, die Angelegenheit als eine reine Einsparmaßnahme zu bewerten«, schrieben acht Hongkonger Journalistenverbände und Gewerkschaften in einer gemeinsamen Mitteilung. Man sei durch das Vorgehen der Zeitung »zutiefst beunruhigt und besorgt«.

Der Topjournalist hatte mit politisch brisanten Themen bereits auf sich aufmerksam gemacht. Nach Informationen der Berufsverbände berichtete Keung von Demonstrationen gegen ein Hongkonger Sicherheitsgesetz, über Bildungsproteste wie auch über den ungewöhnlichen Todesfall eines chinesischen Dissidenten. Kollegen lobten ihn als »professionell« und »moderat«.

Der vorerst wohl letzte Coup Keungs waren die Enthüllungen, die durch die Panama Papers ans Tageslicht kamen. Laut »Guardian« fanden die Reporter in den Daten bisher zwei Minister aus dem Peking-freundlichen Kabinett Hongkongs, den Milliardär und reichsten Mann der Stadt Li Ka-Shing sowie den bekannten Schauspieler Jackie Chan.

Man kann nur hoffen, dass es Keung nicht ergehen wird wie dem früheren Chefredakteur der »Ming Pao«, Kevin Lau. Dieser wurde 2014 ebenfalls überraschend entlassen und durch den als regimefreundlich geltenden Chong Tien Siong ersetzt. Rund einen Monat nach dem Rausschmiss attackierten mitten am Tag vermeintliche Triadenmitglieder Lau und verletzten ihn mit Messerstichen lebensgefährlich.

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