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Verdienen wie Manager in Frankreich

Das Gehalt des Renaultchefs Carlos Ghosn erregt die Gemüter westlich des Rheins

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Nicht nur in Deutschland sorgen Managergehälter für Aufregung: In Frankreich sorgt das üppige Salär manch eines Konzernchefs mittlerweile auch bei Unternehmensverbänden für Unverständnis.

Das hat es vorher noch nie gegeben: Bei der Generalversammlung des Renault-Autokonzerns in der vergangenen Woche in Paris haben 54 Prozent der Aktionäre gegen die Gehaltserhöhung des Konzernchefs Carlos Ghosn für 2015 um 171 Prozent auf 7,2 Millionen Euro gestimmt. Doch dieses Votum war rechtlich nur eine Empfehlung, und der Aufsichtsrat hat sich umgehend darüber hinweggesetzt und das Gehalt für Ghosn bestätigt. In diesem Gremium hat der Staat mit noch 19 Prozent des Kapitals zwei Sitze und die Gewerkschaften fünf, doch ihre Ablehnung wurde überstimmt.

Darauf hat sich sogar der Präsident des Unternehmerverbands Medef, Pierre Gattaz, »bestürzt über diese Missachtung des Votums der Aktionärsmehrheit« geäußert. Der kommunistische Abgeordnete André Chassaigne rechnete vor, dass der Renault-Chef damit an einem Tag so viel verdient wie ein Bezieher des Mindesteinkommens SMIC in zwei Jahren und nannte dies »unerträglich«. Wirtschaftsminister Emmanuel Macron drohte vor dem Parlament mit einer gesetzlichen Begrenzung der Managerentlohnung, wenn die Unternehmer »diese maßlosen Steigerungen und Gehaltssummen nicht selbst bremsen«.

So hat Paris bereits im Jahr 2012 die Gehälter für die Chefs öffentlich-rechtlicher Unternehmen auf jährlich 450 000 Euro gedeckelt, so dass seinerzeit beispielsweise die Chefs der Post und des Energiekonzerns EDF heruntergestuft werden mussten. Dabei sind die 7,2 Millionen Euro von Renault für Carlos Ghosn nur ein »Teilzeiteinkommen«, denn er ist außerdem in Japan Konzernchef von Nissan und bezieht für das Jahr 2015 von dort noch einmal acht Millionen Euro. Zum Vergleich: Renault ist weltweit der viertgrößte Autokonzern, doch bei Toyota, dem Weltmarktführer, verdiente der Konzernchef 2015 »nur« umgerechnet zwei Millionen Euro.

In Frankreich werden dabei Erinnerungen von vor 27 Jahren wach. Damals waren solche Zahlen noch streng geheim. Doch 1989 kam an die Öffentlichkeit, dass der Chefs des PSA-Autokonzerns, Jacques Calvet, 2,2 Millionen Francs verdiente. Dies waren 45 Mal so viel wie der Mindestlohn. Calvets Nachfolger, Carlos Tavares, konnte jedoch vergangenes Jahr mit Hilfe einer Verdopplung seines Gehaltes 2,7 Millionen Euro verdienen. Dies entspricht fast dem 300-Fachen des Mindestlohnes.

Wegen seines dicken Gehalts vor einem Parlamentsausschuss zur Rede gestellt, erklärte Tavares, dass es »für Firmenchefs wie für Fußballer oder Formel-1-Fahrer einen Markt mit Gehältern gibt, mit denen man die Besten gewinnen will«. In Folge der Anhörung wurde zudem bekannt, dass sich die Durchschnittsgehälter der Konzernchefs der im Pariser Aktienindex CAC 40 gelisteten Unternehmen in den vergangenen drei Jahren um 31 Prozent auf 4,2 Millionen Euro erhöht haben, während die Löhne ihrer Beschäftigten nahezu stagnierten. Dabei waren die Gewinne der 40 größten Aktiengesellschaften Frankreichs vergangenes Jahr im Schnitt sogar rückläufig. Sie sackten im Durchschnitt um 6,8 Prozent ein.

Übrigens hatte der Rekord von Carlos Ghosn nicht lang Bestand. Kurz danach wurden Olivier Brandicourt, der seit einem Jahr den Pharmakonzern Sanofi leitet, vom Aufsichtsrat 16,7 Millionen Euro zuerkannt. Davon sind 2,2 Millionen Euro sein reines Jahresgehalt, zu denen zwei Millionen Euro als »Begrüßungsgeld« hinzukommen und 12,5 Millionen Euro in Form von Aktien.

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