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Union bleibt im Clinch: CSU gegen CDU gegen Multikulti

Streit in den Unionsparteien über Wahlstrategie und Offenheit gegenüber rechtem Rand: Christsoziale gegen Christdemokraten, rechter Unionsflügel gegen Merkels Mitte-Kurs

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. In der Union geht der Streit um die Ausrichtung weiter - und weiter wird dies vor allem als Auseinandersetzung zwischen CSU und CDU inszeniert. Die Christsozialen drohen dabei immer wieder den Schnitt an.: Die gegenwärtigen Differenzen seien nach Ansicht des bayerischen Finanzministers Markus Söder größer als sie es beim vorübergehenden Bruch der Fraktionsgemeinschaft vor 40 Jahren waren. 1976 hatte die CSU unter Strauß beschlossen, die Fraktionsgemeinschaft mit der CDU im Bundestag zu beenden. Seine Partei sei von der CDU weiter entfernt als damals, sagt Söder am Sonntagabend im ZDF. Zwar ist nach Ansicht Söders das persönliche Verhältnis innerhalb der Schwesternparteien gut - anders als vor 40 Jahren, als sich der damalige CSU-Chef Franz Josef Strauß einen Machtkampf mit dem CDU-Vorsitzenden Helmut Kohl lieferte. »Aber es gibt wirkliche inhaltliche Differenzen«, sagte Söder. Grund dafür sei vor allem die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Söder machte Merkel zudem für das Erstarken der Rechtsaußen-Partei AfD verantwortlich. Unter der Kanzlerin habe die CDU ein Vakuum entstehen lassen: »Es ist erkennbar, dass mit dem Weg nach links, den die CDU eingeschlagen hat, rechts dieser Platz entstanden ist.« Auch wertkonservative, patriotische und nationale Wähler müssten eine politische Heimat finden.

Der Streit könnte auch den Bundestagswahlkampf der Unionsparteien bestimmen. Die CSU bereitet sich 2017 laut »Spiegel« darauf vor, nicht für Kanzlerin Angela Merkel in den Wahlkampf zu ziehen. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer betonte am Wochenende: »Im Moment liegen wir in einigen wichtigen Fragen inhaltlich auseinander. Es wäre falsch, das unter den Teppich zu kehren.« Rückenwind könnte eine neue Umfrage geben, der zufolge mehr Menschen für eine bundesweite Ausdehnung der CSU sind als dagegen. Die aktuelle Umfrage des Instituts infratest dimap für die ARD ergab, dass fast die Hälfte der befragten Wahlberechtigten (45 Prozent) erklärten, sie fände eine bundesweite Wählbarkeit der Christsozialen »gut«. 40 Prozent fänden dies »nicht gut«. Unter Unionsanhängern betragen die Werte 49 Prozent für und 43 Prozent gegen die deutschlandweite Wählbarkeit.

CDU-Bundesvize Thomas Stobl warnte: »Es nutzt nur einem, wenn die Menschen den Eindruck haben, dass es in der Unionsfamilie Streit gibt: dem politischen Gegner«, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Unions-Fraktionschef Volker Kauder lehnte eine Kurskorrektur der CDU ab. Der Strauß-Satz, dass es rechts der Union keine demokratische Partei geben dürfe, gelte nur bedingt, sagte der CDU-Politiker im ZDF. Positionen der AfD, die etwa den Euro ablehne, wolle man sich nicht zu eigen machen. Angesprochen auf die Kritik Söders gestand Kauder ein, dass es zwischen CDU und CSU durchaus Differenzen gebe, insbesondere in der Flüchtlingsfrage.

Merkel hatte am Dienstag gesagt, sie setze bei der Abgrenzung zur AfD auf eine inhaltliche Auseinandersetzung und einen Kurs der politischen Mitte. Konservative CDU-Politiker haben sich derweil für eine Kurskorrektur ihrer Partei nach rechts im kommenden Bundestagswahlkampf ausgesprochen. »Die CDU muss in der politischen Mitte bleiben und aufpassen, dass sie auf der Suche nach neuen Wählern im linken politischen Spektrum nicht immer mehr Stammwähler irritiert oder gar verliert«, sagte Wolfgang Bosbach der »Rheinischen Post«. Für Wertkonservative sei »nicht Multikulti das gesellschaftliche Ziel«, sagte Bosbach. Ihnen gehe es um »Integration und die vorbehaltlose Akzeptanz unserer Rechts- und Werteordnung«.

Auch der Chef des Parlamentskreises Mittelstand in der Unionsfraktion, Christian von Stetten, sprach sich für einen »klaren ordnungspolitischen Kurs« aus. So könne die Union auch konservative Wähler überzeugen, die dann nicht zur rechtspopulistischen AfD gehen müssten, sagte er dem Blatt. Von Stetten sieht sich durch eine Studie bestätigt, die dem Bericht zufolge zur Zeit in der Union kursiert. Demnach hatten in den westdeutschen Wahlkreisen bei den Bundestagswahlen seit 1998 konservative CDU-Kandidaten wie von Stetten selbst oder Bosbach insgesamt deutlich höhere Stimmenzuwächse als Bundestagsabgeordnete, die nicht zum konservativen Flügel gehören. Agenturen/nd

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