Ein Mann, kein Wort

Trotz gegenteiliger Ankündigung führt André Poggenburg in Sachsen-Anhalts AfD neben der Landtagsfraktion weiter auch den Landesverband

  • Hendrik Lasch, Magdeburg
  • Lesedauer: 3 Min.
André Poggenburg bleibt trotz anderslautender Versprechen an der Spitze des AfD-Landesverbandes in Sachsen-Anhalt, den er auf stramm völkisch-nationalen Kurs führt.

Ein Ex-Kommunist war der einzige, der Unmut äußerte. Dass André Poggenburg sich erneut um den Landesvorsitz bei der AfD in Sachsen-Anhalt bewerbe, sei »ein klarer Wortbruch«, sagte Robert Farle, der einst in Gladbeck die DKP führte und jetzt Abgeordneter der AfD im Landtag in Sachsen-Anhalt ist. Auf einem Parteitag in Eisleben erinnerte Farle daran, dass Poggenburg ihm und seinen 23 Fraktionskollegen einen Verzicht auf den Landesvorsitz angekündigt habe, als er sich an die Spitze der Parlamentsgruppe wählen ließ: »Die Hälfte der Fraktion hätte dich sonst nicht gewählt.« Poggenburg erwiderte, er sei von einigen Kreisverbänden um eine erneute Kandidatur gebeten worden; außerdem habe er ja kein Ehrenwort gegeben. Anschließend setzte sich der 41-Jährige aus dem Burgenland mit 110 zu 52 Stimmen klar gegen den Wittenberger Dirk Hoffmann durch.

Poggenburg, der den damals zerstrittenen Landesverband 2014 übernahm, bleibt damit der starke Mann des Landesverbandes, der wie sonst nur die Gliederung im benachbarten Thüringen für die stramm rechte Linie innerhalb der AfD steht - für einen »völkisch-nationalen Kurs«, sagt David Begrich vom Verein »Miteinander« in Magdeburg. Poggenburg erklärte auf dem Parteitag, man habe mit dem Wahlerfolg von 24,3 Prozent vom März »für die Bundespartei den Schritt hin zu einer nationalen Volkspartei gemacht«.

In den Führungsgremien schart er weiter Getreue um sich. Neuer Landesvize ist der Magdeburger Ronny Kumpf, der das Amt 2014 nach Vorwürfen über eine kriminelle Vergangenheit und Jobs als Pornodarsteller abgegeben hatte. Während Farle und Hoffmann dem Vorstand nicht mehr angehören, rückte Hans-Thomas Tillschneider in das Gremium auf. Er ist Wortführer der »Patriotischen Plattform«, eines Rechtsaußen-Kreises in der AfD. Kürzlich redete er bei Pegida in Dresden und forderte dort das Bundesverdienstkreuz für den Pegida-Gründer Lutz Bachmann. Der Vorfall sorgte für Kontroversen zwischen Poggenburg und Frauke Petry, AfD-Chefin im Bund und in Sachsen, die auf Distanz zu Pegida bedacht ist. Dagegen setzen Poggenburg und Björn Höcke, der Fraktionschef in Thüringen, auf ein Wechselspiel von parlamentarischer und außerparlamentarischer Arbeit, sagt Begrich, der von »Stand- und Spielbein« spricht. So wie Höcke in Erfurt, suchte Poggenburg in Magdeburg Demonstrationen auf die Beine zu stellen, allerdings bisher mit mäßigem Erfolg.

Um so erfolgreicher war er bei der Wahl - und ist es bei der Schaffung eines rechten Netzwerks. Der Landeschef billigt Tillschneiders Avancen in Richtung Pegida offenbar ebenso wie die Beschäftigung des ehemaligen NPD-Manns Stefan Träger im Wahlkreisbüro von Jan Wenzel Schmidt, Landeschef der Jungen Alternativen. Poggenburg sprach salopp von einem »Rechts-Aussteiger«. Auch Schmidts Auftritt bei einer Demonstration der Identitären Bewegung in Wernigerode dürfte Poggenburg goutiert haben. Die offen rassistische Truppe, die auch bei Pegida oft Flagge zeigt, war auch bei der Wahlparty der AfD vertreten, von der aus sie eine Kampagne zur »Wahlbeobachtung« organisierte. Wie groß die Affinität der AfD in Sachsen-Anhalt zur Neuen Rechten ist, zeigt der Umstand, dass sich der Parteitag in Eisleben für eine Parteimitgliedschaft Ellen Kositzas aussprach. Die wird der Lebensgefährtin des im sachsen-anhaltischen Schnellroda lebenden neurechten Vordenkers Götz Kubitschek von der Spitze der Bundespartei bisher verwehrt.

Obwohl Poggenburg seine Machtposition zielstrebig erweitert, sei der Prozess der »Selbstfindung« in der Landespartei aber längst nicht abgeschlossen, sagt Begrich. Die Kontroversen beim Parteitag ließen ahnen, dass es »starke Fliehkräfte« gibt - zumindest, wenn es um Posten und Einfluss geht. Dort lauern Fallstricke; der einflussreiche Job des Fraktionsgeschäftsführers ist zwei Monate nach der Wahl noch immer unbesetzt. Dass es indes auch inhaltlichen Streit gibt und etwa ein gemäßigter Flügel von, wie Begrich sagt, »Hauspuschen-Nationalen« Poggenburg entgegen tritt - dafür gibt es bisher keine Indizien.

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