Neustädter Verhältnisse

Mehr als 2200 Menschen stellten sich in Dresden mit Demonstrationen und Blockaden gegen Pegida / Rechte Hooligans riefen im Vorfeld zu Gewalt auf

  • Max Zeising
  • Lesedauer: 3 Min.
Wo Sachsen anders ist: In Dresdens alternativ geprägter Neustadt protestieren tausende Menschen gegen den Aufmarsch von 80 Hooligans und 2000 Pegida-Anhängern. Auf Seiten der Rassisten fehlte eine bekannte Person.

Allein die Drohungen reichten, um Dresden am Montag in Angst und Schrecken zu versetzen. Vor der Pegida-Demonstration, die erstmals in der Dresdner Neustadt stattfand, kündigten verschiedene Hooligan-Gruppierungen an, die »Patriotischen Europäer« zu unterstützen – und illustrierten ihre Bereitschaft zur »Verteidigung des Abendlandes« mit Bildern brennender Häuser und Straßenzüge. »Gemeinsam mit Pegida holen wir uns die Neustadt und machen sie wieder sicher vor Gewalttaten von Linksextremisten«, twittern etwa die »Freien Aktivisten Dresden« – ein mehr als indirekter Aufruf zu Gewalttaten, den auch die »Hooligans & Ultras Deutschland« unterstützten.

Nur: Die Voraussetzungen schienen schlecht, die alternative Hochburg der sächsischen Landeshauptstadt ernsthaft in Gefahr zu bringen. Nur etwa 80 schwarz gekleidete Hooligans versammelten sich in einer Sportbar in der Altstadt, um wenig später mit der Straßenbahn gen Neustadt zu fahren. Mehr als 15-mal so viele Menschen fanden sich dagegen – trotz Gewitter – am Albertplatz ein, um den Zugang zur Neustädter Kneipenmeile zu versperren. Sie trugen Banner mit Aufschriften wie: »Wir reißen eure Mauern ein, Stein für Stein.« Insgesamt vier Demonstrationen waren gegen Pegida und die Hooligans angemeldet, laut »Durchgezählt« mit bis zu 2200 Teilnehmern.

Auch wurden die Demonstranten am Albertplatz regelmäßig über den Standort der Hooligans auf dem Laufenden gehalten – und durften sich über die Meldungen durchaus freuen. Die Straßenbahn mit den Neonazis wurde zunächst angehalten. Es hieß, die Neonazis müssten zu Fuß weiterlaufen, begleitet von der Polizei. Wenig später hieß es dann, alle anderen Insassen müssten aussteigen. Schließlich meldete die »Antifa Dresden« via Twitter, die Neonazis seien von den Ordnungshütern eingekesselt worden, außerdem gebe es Blockaden. Später folgte dann zwar die Meldung, die Polizei würde die Hooligans freilassen: »Dürfen in alle Richtungen laufen!« Zu Zusammenstößen ist es bis 20 Uhr jedoch nicht gekommen.

Umso mehr konnten sich die Gegendemonstranten auf Pegida konzentrieren. Die »Patriotischen Europäer« starteten nur wenige Meter entfernt vom Albertplatz, am Schlesischen Tor neben dem Neustädter Bahnhof ihren geplanten Marsch durch die Neustadt. Am Albertplatz begegneten sich die beiden Fronten, ebenso bei der Abschlusskundgebung am Bahnhof. Pfiffe und Buhrufe, ebenso bekannte Demo-Sprüche wie »Nationalismus raus aus den Köpfen« wurden den Pegida-Anhängern um die Ohren gehauen.

Auf der Pegida-Seite waren indes zwei Besonderheiten festzustellen: Zum einen ließ sich Lutz Bachmann aus persönlichen Gründen entschuldigen und wurde als Begrüßungsredner von Siegfried Däbritz vertreten: »Lutz' Frau hat Geburtstag. Wir wissen ja alle, was das heißt«, sagte Däbritz, der außerdem auf die Bundespräsidentenwahl in Österreich einging und ein Grußwort vom gescheiterten Kandidaten Norbert Hofer übermittelte. Zum anderen liefen die Abendland-Verteidiger erst, ehe sie bei mittlerweile strömendem Regen den Reden zuhörten. Ansonsten war jedoch alles wie gewohnt: Unter den Teilnehmern waren mehr Alte als Junge, mehr Männer als Frauen und viele Zugereiste aus kleineren Ortschaften, die den Stolz auf ihre Heimat mit nachgemachten Ortseingangsschildern zum Ausdruck brachten.

Insgesamt kam die Pegida-Demonstration laut der Initiative »Durchgezählt« auf 2000 bis 2500 Teilnehmer, was ein Twitterer wie folgt kommentierte: »Bei Pegida hat es sich wohl wirklich #ausgetaddelt.«

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