Schäuble schummelt bei Asylkosten

Zusätzlich 500 Millionen sollen Länder versöhnen

  • Paul Alexander
  • Lesedauer: 3 Min.

Bis Ende Mai sollte eine Regelung zur Übernahme der Kosten für Unterbringung und Integration von Flüchtlingen zwischen Bund und Ländern gefunden sein. Es sieht nicht so aus, als würde das gelingen. Auch deshalb nicht, weil in dem seit 2015 schwelenden Finanzierungsstreit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu politischen Buchungstricks greift, um die Forderungen der Länder nach einer echten Kostenteilung zu entkräften.

Nach Schäubles Rechnung gibt der Bund schon jetzt mehr als 16 Milliarden Euro für »Asylbelastungen« aus. Das ist zwar weniger als die 21 Milliarden, auf die die Länder in ihren Etats die Integration der Flüchtlinge beziffern. Berücksichtigt man jedoch den Anteil von mehr als 4,5 Milliarden, den der Bund direkt an die Länder etwa für die Unterbringung und Betreuung während des Asylverfahrens durchreicht, dann scheint die Verteilung der Kosten einigermaßen ausgeglichen.

Diesen Eindruck zu schaffen, gelingt Schäuble jedoch nur, weil er auch die Kosten für Auslandseinsätze der Bundeswehr, Beiträge zu UN-Hilfsprogrammen und andere außen- und militärpolitische Ausgaben als »Asylbelastungen«, genauer als Bekämpfung von Fluchtursachen, einstuft. Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag, hält das für eine »Täuschung der Öffentlichkeit«. Besonders empört Jelpke, dass Schäuble die »Beteiligung an Kriegseinsätzen in aller Welt« als Posten bei der Fluchtursachenbekämpfung einsortiert. Schäuble schummelt, lautet der Vorwurf - selbst dann, wenn man anerkennt, dass einige Einsatzmandate auch humanitäre Aufgaben enthalten.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann setzt sich öffentlich ein wenig von seinem Koalitionspartner ab. »Länder und Kommunen dürfen nicht auf den Kosten der Integration sitzen bleiben«, sagte er. Zwar zahle der Bund 670 Euro pro Kopf und Monat für die Dauer des Asylverfahrens. Jetzt aber solle der Bund den Ländern auch mehr Geld für die »Kosten der Unterkunft« erstatten, die im Rahmen der Sozialhilfe für Flüchtlinge nach dem Abschluss der Asylverfahren fällig werden. Dem Vernehmen nach ist Schäuble bereit, den Ländern hier nochmals mit 500 Millionen Euro entgegenzukommen. In der ganzen Debatte geht es übrigens nicht darum, dass die Flüchtlinge auch nur einen Cent mehr bekommen, sondern dass Länder und Kommunen nicht auf Kosten für Probleme sitzenbleiben, die sie nicht verursacht haben. Es fehlt nicht an Geld; der Bund hat bereits Ende 2015 eine Rücklage von fünf Milliarden Euro gebildet, um Mehrbelastungen der Länder ausgleichen zu können. Vor diesem Hintergrund erscheint auch Oppermanns Agieren als Versuch, die Länder auszubremsen. Im Januar verständigten sich die Chefs der SPD-Fraktionen in den Ländern auf eine neue Gemeinschaftsaufgabe »Integration«. Im Februar forderten Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) und sein NRW-Kollege Norbert Walter-Borjans (SPD), der Bund müsse seinen Anteil auf 50 Prozent der tatsächlichen Kosten aufstocken. Schäubles Tricks und Oppermanns Beschwichtigungen dürften am Finanzierungs-Stückwerk aber wenig ändern.

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