Flexiblere Übergänge in die Rente geplant

Rund um die Rente

  • Lesedauer: 4 Min.
Hartz-IV-Empfänger sollen bei drohender Altersarmut künftig nicht mehr vorzeitig mit Abschlägen in Rente geschickt werden. Dies ist im geplanten Gesetz zu flexibleren Übergängen in die Rente vorgesehen.

Für Betroffene ist es ein großes Thema: Hartz-IV-Empfänger werden regelmäßig aufgefordert, vorzeitig mit 63 in Rente zu gehen, obwohl sie dabei Abschläge hinnehmen müssen. Dabei handelt es sich um mehrere tausend Fälle pro Jahr.

Bislang war es Praxis, dass die Jobcenter den Hartz-IV-Empfängern die Leistungen versagen konnten, wenn jemand die für den Wechsel in die Rente erforderliche Unterlagen nicht beibrachte.

Mit der jetzigen Neuerung sollen Hartz-IV-Empfänger künftig aber gar nicht mehr zur Frührente mit Abschlägen gezwungen werden, wenn sie dadurch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter angewiesen wären. Dazu ist allerdings eine Änderung der Verordnung nötig. Experten sehen die »Zwangsverrentung« skeptisch, zumal die angekündigte Regelung gar nicht im Gesetzentwurf zur Flexi-Rente stehe.

Rund 536 000 Menschen erhalten Grundsicherung im Alter. Insbesondere Beschäftigte mit belastenden Berufen benötigen vor dem 63. Lebensjahr Ausstiegsmöglichkeiten, ohne dem Risiko der Altersarmut ausgesetzt zu sein.

Künftig dürfte Altersarmut weiter zunehmen, weil mehr Arbeitnehmer gebrochene Erwerbslaufbahnen haben und nicht durchgängig in die Rentenkasse einzahlen.

Auch viele Alleinerziehende und Selbstständige ohne ausreichende Eigenvorsorge sind betroffen. Der Präsident der Deutschen Rentenversicherung Bund, Axel Reimann, fordert, Selbstständige ohne Altersvorsorge sollten obligatorisch in der Rentenversicherung abgesichert werden.

Nachfolgend ein kleines Renten-Abc:

Betriebsrente: Rund 40 Prozent der Beschäftigten haben keine Betriebsrente. Arbeitgeber können verpflichtet werden, den Arbeitnehmern Angebote zu machen. Geringverdiener können mit einem Förderbetrag stärker unterstützt werden. Kleinen und mittleren Unternehmen können die Risiken mittels kollektiver Haftungslösungen genommen werden.

Erwerbsminderung: Erst ab 63 ist die Rente wegen Erwerbsminderung aus gesundheitlichen Gründen ohne Abschläge möglich. Vorher werden bis zu 10,8 Prozent abgezogen. Vielfach führt Erwerbsminderung zu Armut.

Flexi-Rente: Die von der Bundesregierung Mitte Mai beschlossene Flexi-Rente soll Arbeitnehmern und Arbeitgebern flexiblere Übergänge vom Arbeitsleben in die Rente eröffnen. Wer bereits mit 63 in Teilrente geht, soll mehr vom Zuverdienst behalten können. Bei der Teilrente mit 63 wird die Rente ab einer Zuverdienstgrenze von 450 Euro heute stark gekürzt.

Stärker lohnen soll sich aber auch das Arbeiten über die reguläre Altersgrenze hinaus. Dafür sollen die Arbeitnehmer Rentenbeiträge zahlen können, die dann zu einer Steigerung der Rente führen. Heute zahlen Arbeitgeber bei Beschäftigung eines Rentners den Arbeitgeberanteil, ohne dass das die Rente steigen lässt.

Verbessert werden soll auch die Kombination einer Teilrente mit Hinzuverdiensten. Diese Möglichkeit für Arbeitnehmer, ihre Arbeit gegen Ende des Berufslebens zu reduzieren, wird kaum genutzt, weil die Regelungen zu kompliziert und finanziell nachteilig sind.

Lebensleistungsrente: Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) will die versprochene Aufwertung kleiner Renten bald auf den Weg bringen. Bis zu fünf Jahre Arbeitslosigkeit sollen angerechnet werden. Eine Krux dabei: Viele Bezieher von Kleinrenten leben in gut situierten Haushalten, etwa wenn der Ehemann gut verdient hat. Deshalb sollen laut Nahles die Partnereinkommen berücksichtigt werden.

Ost-West-Angleichung: Ende 2019 soll die Angleichung der Ost- an die Westrenten kommen. Die Standardrente nach 45 Beitragsjahren mit Durchschnittslohn liegt in den neuen Bundesländern bei 1217 Euro - das sind 97 Euro unter dem Westwert. Doch würde die Ost-West-Angleichung konsequent durchgesetzt, hätte das negative Folgen für die künftigen Ostrentner. Denn bei der Rentenberechnung werden derzeit die Ostlöhne noch aufgewertet, was dann wegfiele.

Rentenalter: Es soll auf 67 bis 2029 steigen. Weil immer weniger Einzahler in die Rentenkasse künftig für immer mehr Rentenbezieher aufkommen müssen, werden Forderungen nach einer Anhebung des Rentenalters immer lauter.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist für eine Kopplung des Rentenalters an die steigende Lebenserwartung und damit für einen späteren Rentenbeginn. Er glaube, es sei sinnvoll, die Lebensarbeitszeit und die Lebenserwartung in einen fast automatischen Zusammenhang auch in der Rentenformel zu bringen.

Unlängst hatte der Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak, vorgeschlagen, das Renteneintrittsalter ab 2030 schrittweise von 67 auf 70 Jahre anzuheben.

Rentenniveau: Heute liegt es bei rund 48 Prozent - unter 43 Prozent darf dieses Verhältnis von der Standardrente zum Durchschnittslohn bis 2030 laut Gesetz nicht fallen. Doch das schützt immer weniger vor Altersarmut. Immer mehr wird daher eine Stabilisierung mit 53 Prozent gefordert.

Riester-Rente: Gut 16 Millionen Bürger haben einen Riester-Vertrag. In knapp einem Fünftel der Verträge fließt aber kein Geld mehr. Nur gut jeder Zweite schöpft die staatliche Förderung voll aus. Der DGB fordert, die Riester-Rente auslaufen zu lassen. Vertrauensschutz würde es nur für laufende Verträge geben.

Zusatzrente: Angesichts der Schwächen von Riester- und Betriebsrenten gewinnt die Vorstellung einer einfacheren zusätzlichen Absicherung mit staatlicher Garantie immer mehr Anhänger.

So kam aus der hessischen Landesregierung der Vorstoß für eine Deutschlandrente - ein einfaches Standardprodukt für jedermann. Jeder Arbeitnehmer soll über vom Arbeitgeber abgezwackte Beiträge in einen zentralen Fonds einzahlen, sofern sie gegenüber dem Arbeitgeber nicht aktiv widersprechen. Agenturen/nd

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