Tesla im Visier der Behörden

Erstes Todesopfer durch Autopiloten - Technik war in Testversion eingebaut

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.
Erstmals ist ein selbstfahrendes Auto in einen tödlichen Unfall verwickelt. Die US-Behörden haben nun eine Untersuchung über den Vorfall eröffnet.

Der erste tödliche Unfall mit einem selbstfahrenden Auto schlägt in den USA hohe Wellen. Und Hersteller Tesla steht unter gehörigem Druck. Der 40-jährige Fahrer Joshua Brown hatte am 7. Mai den Autopiloten eingestellt, als ein Lastkraftwagen vor ihm plötzlich die Richtung änderte. Das Tesla Model S fuhr ungebremst auf den Lastwagen zu, geriet unter dessen Anhänger und Brown starb.

»Weder der Autopilot noch der Fahrer konnten die weiße Seite des Anhängers von dem gleißend scheinenden Himmel unterscheiden, daher wurde die Bremse nicht betätigt«, erklärte Tesla am Donnerstag. »Es ist wichtig zu wissen, dass der Autopilot von Tesla in den Voreinstellungen nicht aktiviert ist. Es muss ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass sich das System noch in einer Testphase befindet.«

Das von Tesla bestätigte erste Todesopfer durch ein selbstfahrendes Auto in den USA markiert einen Einschnitt. Bislang waren mit der Technologie große Hoffnungen bezüglich der Sicherheit im Straßenverkehr verbunden. Auch sollten Staus dadurch abgebaut werden. Doch nun beschäftigt sich die National Highway Traffic Safety Administration mit dem Unfall. Dort wird der Autopilot des Tesla Model S im Hinblick auf seine Bauweise und Funktionalität geprüft. Sollte die Behörde Gründe zur Beanstandung finden, müsste Tesla die entsprechende Software in 25 000 Pkw aktualisieren, wobei ein klassischer Rückruf wohl nicht stattfinden würde.

Tesla kämpft um den Ruf seiner Technologie. »Der Autopilot funktioniert immer besser, aber noch nicht perfekt. Der Fahrer muss aufmerksam bleiben«, heißt es von Seiten des Stromautoherstellers. Über 200 Millionen Testkilometer hat das System schon abgespult - ohne Zwischenfall. Bei anderen Fahrzeugtypen kommt es in den USA statistisch nach 150 Millionen Kilometern zu einem tödlichen Unfall.

Doch dies ändert nichts am Absacken der Tesla-Aktie um zwei Prozent im vorbörslichen Handel am Freitag. Erst im Mai wurde der Verkauf von Aktien über 1,4 Milliarden Dollar bekannt, da Tesla-Gründer Elon Musk damit Produktionsprobleme und den Lieferrückstand in den Griff kriegen wollte.

Scott Galloway, Gründer des Automarktforschers L2, glaubt jedoch nicht, dass der Unfall die Entwicklungsarbeit an selbstfahrenden Autos verlangsamen wird. Bei Tesla greift der Autopilot neben Radar und Videokameras auf GPS-Daten und Ultraschallsensoren zu, um die Umwelt zu erfassen. Während der Fahrt werden alle möglichen Daten aufgezeichnet und an den Konzern übertragen. Die Informationen verwendet Tesla, um die Technik besser zu machen. Fahrassistenzsysteme mit ähnlichem Funktionsumfang bieten auch andere Hersteller an.

Lkw-Fahrer Frank Baressi hat den tödlichen Zusammenstoß überlebt. »Er fuhr so schnell durch meinen Anhänger, ich konnte ihn gar nicht sehen«, sagte er. Brown habe bei dem Unfall einen Harry-Potter-Film geguckt, der auch nach dem Zusammenstoß noch lief. Ob dies allerdings technisch überhaupt möglich ist, scheint Berichten zufolge unklar. Tesla erklärte, Fahrer würden beim Einsatz des Programms ausdrücklich aufgefordert, die Hände nie vom Steuer zu nehmen. Falls sie dies täten, ertöne ein Signal und das Auto werde abgebremst.

Brown war ein Freund von Tesla und begeistert von seinem Modell S sowie dessen Autopiloten. Noch im April hatte er ein Video ins Internet gestellt, das zeigte, wie sein Auto auf der Autobahn einem Lkw ausweicht, der unangekündigt die Spur wechselte. Der Autopilot habe einen Zusammenstoß verhindert, kommentierte Brown seinerzeit. »Das ist ganz eindeutig das beste Auto, das ich je besessen habe.« Kommentar Seite 2

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