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Höcke in Buchenwald nicht willkommen

AfD-Rechtsaußen ist bei Gedenken im ehemaligen KZ Buchenwald zur Persona non grata erklärt worden / Politiker will sich nicht ausladen lassen

  • Lesedauer: 3 Min.

Weimar. Wenige Tage nach seiner umstrittenen Dresdner Rede ist Thüringens AfD-Vorsitzender Björn Höcke für die am Freitag im ehemaligen KZ Buchenwald geplante Gedenkveranstaltung zur unerwünschten Person erklärt worden. Um ein angemessenes Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus zu ermöglichen, sei er bei der gemeinsamen Kranzniederlegung des Landtags und ehemaliger Häftlinge auf dem Appellplatz nicht willkommen, schrieb die Stiftung Gedenkstätte Buchenwald-Dora dem Politiker.

Höcke hatte mit seiner Rede vorige Woche Entsetzen aufgelöst. Vor Anhängern der »Jungen Alternative Dresden« sagte er unter anderem über das Berliner Holocaust-Mahnmal: »Die Deutschen sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.«

Bei Ort und Zeitpunkt des Gedenkens handele es sich um zentrale Bestandteile eines öffentlichen Erinnerns, das Thüringens AfD-Chef bei seiner Rede als »dämliche Bewältigungspolitik«, die eine »erinnerungspolitische Wende um 180 Grad« erfordere, diffamiert habe, begründete die Stiftung diesen Schritt. Höcke selbst will sich nicht ausladen lassen. »Es steht Ihnen schlicht nicht zu, zu entscheiden, wer für ein Verfassungsorgan an dieser offiziellen Gedenkveranstaltung teilnimmt und wer nicht«, teilte er der Stiftung am Donnerstag mit.

Bertrand Herz, der Ehrenpräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos und selbst bis 1945 KZ-Häftling betonte: »Die Überlebenden der Nazibarbarei und die Angehörigen der Ermordeten können nicht zulassen, dass die Bedeutung des Holocaust relativiert und das Andenken an die Opfer herabgewürdigt wird. Wir wehren uns gegen das Erscheinen von Verharmlosern beim Gedenken an der Stätte unseres Martyriums«, fügte der 86-jährige Franzose hinzu. Nach seiner Rede in Dresden sei eine Teilnahme von Höcke an der Kranzniederlegung im ehemaligen KZ Buchenwald nicht akzeptabel, erklärte Vize-Stiftungsdirektor Rikola-Gunnar Lüttgenau. Man schließe keine Menschen, sondern Haltungen aus, die dem Stiftungszweck - der Vermittlung der mit Buchenwald verbundenen Geschichte - zuwiderliefen. »An anderen Tagen als dem 27. Januar 2017 kann Herr Höcke daher gern privat die Gedenkstätte und ihre Ausstellungen besuchen, um sich über die verheerenden Folgen nationalistischer und völkischer Gesellschaftspolitik zu informieren«, fügte er hinzu.

In seinem Antwortschreiben an die Stiftung erklärt Höcke zunächst: »Ich toleriere Ihre Meinung zu meiner Person, obgleich ich sie für falsch halte. Sie sind allerdings nicht Herr meines Gedenkens.« Es könne aber keine Haltung ausgesperrt werden, »die nicht existiert«. Er werde »selbstverständlich« zusammen mit einem Kollegen »am 27. Januar 2017 ab 14.00 Uhr« seiner Trauer um die Ermordung der deutschen und europäischen Juden Ausdruck verleihen, schrieb der AfD-Rechtsaußen.

Das Konzentrationslager auf dem Ettersberg bei Weimar wurde 1937 eingerichtet. Nach neuen Erkenntnissen waren im Lager bis zu seiner Befreiung am 11. April 1945 fast 280.000 Menschen inhaftiert. Die SS zwang die Häftlinge zur Arbeit für die deutsche Rüstungsindustrie. Am Ende des Zweiten Weltkrieges war Buchenwald das größte KZ im Deutschen Reich. Mehr als 56.000 Menschen starben an Folter, medizinischen Experimenten und Auszehrung. Jedes Jahr werden in der KZ-Gedenkstätte etwa 500.000 Besucher gezählt.

Von einer Gedenkveranstaltung im Landtag am selben Tag will Parlamentspräsident Christian Carius (CDU) die AfD-Fraktion aber nicht ausschließen. Zu Gedenktagen im Landtag seien grundsätzlich alle gewählten Abgeordneten des Parlaments eingeladen, sagte er. Carius hatte Höcke jedoch schriftlich nahegelegt, bei den NS-Opfern um Entschuldigung zu bitten. Agenturen/nd

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