Schadenersatz wegen Mobbing ist kein Arbeitslohn und steuerfrei

Urteile von Finanzgerichten

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Nach Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz in Neustadt an der Weinstraße vom 21. März 2017 (Az. 5 K 1594/49) ist das auch dann der Fall, wenn der Arbeitgeber die Vorwürfe abstreitet.

Im vorliegenden Fall hatte eine Frau gegen die ordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses »aus personenbedingten Gründen« geklagt und eine Entschädigung wegen Benachteiligung aufgrund ihrer Behinderung verlangt. Der Arbeitgeber stritt die Benachteiligung zwar ab, vor Gericht einigten sich beide Parteien jedoch auf einen Vergleich und eine Entschädigung von 10 000 Euro. Das zuständige Finanzamt wollte diese Summe als steuerpflichtigen Arbeitslohn behandeln.

Laut Finanzgericht Rheinland-Pfalz handelte es sich bei der Zahlung jedoch um einen Ausgleich immaterieller Schäden. Dieser sei nicht als Arbeitslohn zu sehen und daher steuerfrei. dpa/nd

Steuererklärung nur mit Grund vorzeitig abgeben

Der Fiskus darf von den Steuerzahlern nicht ohne Begründung die vorzeitige Abgabe der Steuererklärung verlangen.

Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 17. Januar 2017 (Az. VIII R 52/14). Im konkreten Fall ging es um einen Fall in Niedersachsen, der die Justiz seit Jahren beschäftigte: Dort hatte ein Paar geklagt, weil das örtliche Finanzamt ohne Begründung die vorzeitige Abgabe der Steuererklärung für das Jahr 2010 bis zum 31. August 2011 verlangt hatte. Da die Kläger einen Steuerberater angeheuert hatten, hätten sie eigentlich noch bis Ende 2011 Zeit gehabt.

Das ignorierten die Finanzbeamten jedoch und brummten beiden einen Strafzuschlag von 880 Euro auf. Erst nachträglich begründete das Finanzamt, warum die Steuererklärung für 2010 vorzeitig angefordert worden war: Das Paar hatte seine Steuererklärungen in den Vorjahren verspätet abgeliefert.

Der Bundesfinanzhof erklärte nun beides für rechtswidrig, und zwar sowohl die Aufforderung zur vorzeitigen Abgabe der Steuererklärung als auch den Strafzuschlag. Auch die nachträglich gelieferte Begründung könne das nicht heilen. In erster Instanz hatte das niedersächsische Finanzgericht noch dem Finanzamt Recht gegeben. Mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs bekommen die Kläger nun ihre 880 Euro zurück. Das Finanzamt muss zudem die Prozesskosten zahlen. dpa/nd

Wie lange Kindergeld bei Gendefekt?

Eltern erhalten für erwachsene Kinder zeitlich unbegrenzt Kindergeld, wenn das Kind behindert ist und es deshalb seinen Unterhalt nicht selbst bestreiten kann. Das gilt auch dann, wenn der Gendefekt erst nach Erreichen der Kindergeld-Altersgrenze diagnostiziert wird und das Kind davor seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten konnte.

Das geht aus einem Urteil des Finanzgerichts Köln vom 12. Januar 2017 (Az. 6 K 889/15) hervor. Das Gericht gab damit einem Kläger Recht, dessen 1968 geborene Tochter an einer erblichen Muskelerkrankung leidet, bei der es zu einer fortschreitenden Abnahme der Muskelkraft kommt. Die Erkrankung wurde erst im Alter von 30 Jahren diagnostiziert, als eine Verwandte ein stark behindertes Kind zur Welt gebracht hatte und sich daraufhin mehrere Familienmitglieder einer genetischen Untersuchung unterzogen.

In der Folgezeit verschlechterte sich der Gesundheitszustand der Tochter des Klägers. Mit 40 Jahren wurde bei ihr ein Grad der Behinderung von 100 Prozent festgestellt. Seit dem 43. Lebensjahr bezieht sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Den vom Kläger gestellten Kindergeldantrag für die Zeit ab Januar 2010 hatte die Familienkasse mit der Begründung abgelehnt, dass die Behinderung des Kindes nicht wie gesetzlich gefordert vor dem Erreichen der »Altersgrenze« eingetreten sei, die für vor 1982 Geborene noch bei 27 Jahren (heute 25 Jahre) lag. Der Gendefekt des Kindes habe erst wesentlich später zu einer Behinderung geführt.

Mit seiner dagegen erhobenen Klage hatte der Vater Erfolg. Ihm wird nun Kindergeld gewährt. Sein Urteil begründet der Senat damit, dass es für die Frage, ob eine Behinderung vorliege, auf den objektiven Befund und nicht auf dessen Kenntnis ankomme. Damit habe die Behinderung unabhängig von der Diagnose bereits vor Vollendung des 27. Lebensjahrs vorgelegen. Es sei auch nicht erforderlich, dass das Unvermögen, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, vor Erreichen der Altersgrenze vorgelegen habe.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens ließ der Senat die Revision zum Bundesfinanzhof in München (Az. XI R 8/17) zu. dpa/nd

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