Das Jahr des dritten Oscars

  • Hanno Harnisch
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Jahre 1980, 35 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, bekam der erste deutsche Film in der Kategorie nicht-englischsprachiger Film einen Oscar. Regisseur Volker Schlöndorff freute sich unbändig über diese Auszeichnung für seinen Film »Die Blechtrommel«, den er nach dem Roman von Günter Grass schuf. 23 Jahre danach, 2003, erhielt Caroline Link für ihr »Nirgendwo in Afrika« diesen begehrten Preis. Sie war erst gar nicht nach Hollywood gefahren, so wenig hatte sie damit gerechnet, ausgezeichnet zu werden. Auch ihr Film spielt zur Zeit des Naziregimes.

Fast niemand hätte damit gerechnet, dass die Bundesrepublik im Filmjahr 2007 schon wieder einen Oscar bekommen sollte. Diesmal war es nicht die Darstellung des »Dritten Reichs« der Nazis, welche die US-amerikanische Filmakademie überzeugte, sondern eine Geschichte aus der DDR, »behind the Wall« (hinter der Mauer), eine Geschichte von Mut, Feigheit, Glaube und Verrat. Der Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck hatte sich so in diese Story vertieft, selbst das Buch dazu geschrieben, so hervorragende Schauspieler gewonnen, dass er von fast keinem nationalen Filmpreis verschont blieb. Und dann der Oscar! Da er an sich und seinen Erfolg glaubte, war er mit seinen Leuten – natürlich – in Hollywood vor Ort. Dank des Fernsehens waren wir Augenzeugen seiner ungestümen Freude.

Es wird aber mehr als unwahrscheinlich, dass 2008 gleich wieder ein Erfolgsjahr für einen deutschen Regisseur werden wird. Fatih Akin ist zwar nominiert mit »Auf der anderen Seite«, einem Film über deutsch-türkische Gegenwart. Am 22. Januar werden wir wissen, ob er es in den Kreis der ersten fünf gebracht hat. Am 24. Februar 2008 wird es dann wieder die begehrten Oscars geben. And the winner is?

Im Deutschen Kino scheint Aufbruchstimmung zu herrschen. 2007 wurden über 150 Spielfilme produziert, diese Zahl wurde seit Jahrzehnten nicht mehr erreicht. Von den unzähligen Fernsehproduktionen, die uns im letzten Jahr überschwemmten, ist dabei noch nicht einmal die Rede. Wohl aber von einer einzigartigen Filmförderung, die alleine im letzten Jahr über 60 Millionen Euro an zusätzlichen Geldern locker machte. Nicht nur für cineastische Kleinodien, sondern auch für große Schinken, die vielleicht auf Förderung nicht unbedingt angewiesen wären, wie etwa das umstrittene »Valkyrie«-Projekt des bekennenden Scientologen Tom Cruise.

2007 war auch ein Jahr der Fortsetzungen. Zum fünften Mal »Harry Potter«, »Rocky« zum vierten oder auch »Stirb langsam 4.0«, zum dritten Mal »Spider Man«, »Piraten der Karibik« oder »Shrek«, unzählige zweite Folgen und Remakes. 2007 war aber auch ein Jahr, in dem es solche Filmfestivals wie das des osteuropäischen Films in Cottbus gab (auch im nächsten Jahr wieder).

Auch wenn eine Kinokarte mittlerweile an die acht Euro kostet, lohnt es sich doch nach wie vor, ins Kino zu gehen. Nicht, um der x-millionste Zuschauer einer Hollywood-Fortsetzung zu sein. Aber vielleicht, um noch einmal Nina Hoss zu sehen. Die den Silbernen Bären 2007 für ihre »Yella« gewann. Fast schon vergessen.

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