Nehmen Sie die Drohung ernst?

Oberstleutnant Jürgen Rose zur Hass-Mail eines KSK-Hauptmanns / Jürgen Rose ist im Vorstand des »Darmstädter Signal« (DS). Die Gruppe versteht sich als einziges kritisches Sprachrohr der Bundeswehr

  • Lesedauer: 3 Min.

ND: Der KSK-Hauptmann Daniel K. hat Sie letztes Jahr wegen Ihrer kritischen Haltung zur Bundeswehr in einer E-Mail als »Feind im Inneren« bezeichnet und Ihnen »Zerschlagung« angedroht. Nehmen Sie die Drohung ernst?
Rose: Das ist schwierig einzuschätzen. Es ist natürlich möglich, dass er nicht ganz Herr seiner Sinne war, weil er z.B. dem Alkohol exzessiv zugesprochen hatte, dann muss ich mir wahrscheinlich weniger Sorgen machen. Aber wenn die Drohung wirklich ernst gemeint ist, bestünde in der Tat Anlass zur Sorge. Vor allem, wenn es sich so verhält, wie der Schreiber suggeriert, dass er nicht isoliert dasteht, sondern für eine ganze Gruppe von Offizieren spricht.

Halten Sie die Existenz einer solchen Gruppe für realistisch?
Man kann das nicht ausschließen, besonders weil in der Vergangenheit immer wieder Vorfälle, die man im deutsch-nationalen bis rechtsradikalen Spektrum verorten kann, aus den Reihen des KSK bekannt geworden sind. Man denke an den Beifall von Reinhard Günzel, der diese Truppe jahrelang kommandiert hat, für die antisemitische Rede von Martin Hohmann oder seine Erklärung, die Innere Führung der Bundeswehr sei nun überflüssig. Auch Günzel beanspruchte für sich, für sehr viele seiner aktiven Generalskameraden zu sprechen. Vor diesem Hintergrund ist nicht ausgeschlossen, dass der Hauptmann Daniel K. nicht nur für sich selber spricht, sondern für eine Gruppe Gleichgesinnter.

Was haben Sie gedacht, als Sie die Mail gelesen haben?
Ich war natürlich erstaunt, aber nicht sonderlich überrascht. Wenn man sich öffentlich und kritisch positioniert, muss man damit rechnen, dass solche Reaktionen erfolgen. Helmut Prieß, Vorstand des »Darmstädter Signals«, hat solche Hass-Mails auch schon mehrfach bekommen.

Die Mail war mit vollem Namen unterzeichnet.
Ja, das war vielleicht das Erstaunliche. Entweder er war wirklich nicht bei Sinnen oder er hat sich sehr sicher gefühlt, nach dem Motto: Mir kann nichts passieren. Auch zu Weimarer Zeiten haben Stahlhelmer, Freikorpsleute, Frontkämpferbünde und Deutsch-Nationale sehr offen agiert, weil sie von der Justiz nichts zu befürchten hatten. Und diesem Kamerad K. ist nun wirklich ebenfalls nichts weiter passiert. Er hat vermutlich nur einen schlichten Verweis bekommen, der nach zwei Jahren wieder aus dem Disziplinarbuch entfernt wird, und steht dann wieder mit weißer Weste da.

Kann man solche Leute von der Bundeswehr fernhalten?
Das wahre Problem der Bundeswehr besteht nicht in solchen Figuren wie Daniel K. auf der untersten Ebene, sondern liegt darin, dass der Fisch vom Kopfe her zu stinken beginnt. Solche Leute wie K. können sich ja durchaus von bestimmten Parolen der obersten Ebene zu solchem Handeln animiert fühlen.

Zum Beispiel?
Seit Ende des Kalten Krieges wird versucht, einen traditionalistischen Kämpferkult in der Bundeswehr zu etablieren. Vom Staatsbürger in Uniform wollen manche Kreise nichts mehr wissen. Der immer noch amtierende Inspekteur des Deutschen Heeres, Generalleutnant Hans-Otto Budde, fordert zum Beispiel lauthals den »archaischen Kämpfer«. Wenn man solche Latrinenparolen verkündet, die sich kaskadenartig durch alle Hierarchieebenen bis nach unten ergießen, braucht man sich nicht wundern, wenn dann auf unteren Ebenen, nicht nur in Calw, sondern auch in Coesfeld und anderswo, diese Kloaken entstehen.

Fragen: Markus Drescher

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