Parteifriede in Gefahr?

Papier der Linksfraktion zu NATO, UNO und OSZE

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Arbeitskreis Internationale Politik der Bundestag-Linksfraktion hat ein Papier vorgelegt. Zur Diskussion. Doch es gibt einige, die sehen mit dem »Blick nach Münster« die Friedenspflicht unterminiert.

Bisweilen muss man dem »Spiegel« ja dankbar sein, wenn er ein wenig tiefer in die LINKE hineinleuchtet. Doch am 11. November – es war Karnevalsbeginn – muss ein Kollege des Magazins einen denkbar schlechtes Gehör gehabt haben. Oder er wurde schlicht falsch »geimpft« über den Verlauf der Fraktionssitzung. Das Magazin behauptet, Fraktions- und Parteichef Oskar Lafontaine habe mit Rücktritt gedroht, sollten die Seinen nicht auf striktem Anti-Kriegskurs bleiben. Mit ihm werde es keine Beteiligung an völkerrechtswidrigen Kriegen geben.

Das hatte auch niemand verlangt. Im Gegenteil. Das vorgelegte Papier ist überschrieben: »Statt NATO-Militärinterventionen – kollektive Sicherheit durchsetzen«. 60 Jahre NATO »sind für uns kein Grund zum Feiern«. Nicht nur, dass das Militärbündnis dazu beigetragen habe, die Ost-West-Gegensätze zu konservieren und militärisch aufzuladen. Nein, die NATO »tut heute das Ihre dazu, um die Vereinten Nationen, denen in der Charta von 1945 die zentrale Rolle bei der internationalen Friedenssicherung und Streitschlichtung zugedacht war, an den Rand zu drängen und zu entwerten«. Zahlreiche aufgeführte Argumente belegen die in der Linksfraktion gewiss nicht umstrittene Position, »dass die NATO selber zu einem Sicherheitsrisiko geworden ist und einer wirkungsvollen Friedenspolitik im Wege steht«.

Doch nach so viel Einigkeit ist Streit angesagt. Sonst wäre das Diskussionspapier ja ein Positionspapier. Disput gibt es um Alternativen. Der Arbeitskreis schlägt vor: Stärkung und Reform der UNO und Schaffung eines regionalen nichtmilitärischen Sicherheitssystems in Europa. Das Gewaltmonopol müsse wieder an die UN abgegeben werden. Das, so sagen einige – insgesamt stimmten vier Angeordnete gegen das Papier – würde der über die UNO ausgeübten Machtpolitik Tor und Tür öffnen. Sie berufen sich auf den tränenreichen PDS-Parteitag in Münster, der die Friedenspflicht der Linken zum unverhandelbaren Gut erhob. Die sieht Arbeitskreischefin Monika Knoche nicht angekratzt, »denn wir stehen auch für notwendige Reformen innerhalb des Sicherheitsrates, wollen der Vollversammlung mehr Rechte geben«. Zudem sei kein Staat gezwungen, sich UN-Entscheidungen anzudienen. Es bleibe dabei: Keine deutsche Soldaten ins Ausland!

Kollege und Verteidigungsexperte Paul Schäfer ergänzt Notwendiges zur NATO. Deren Abschaffung bleibe Ziel, ein Austritt Deutschlands allein bewirke das allerdings nicht. Gefragt sind Alternativen. Man denke daran, die gleichfalls von der NATO entrechtete OSZE wieder in ihre Bedeutung führen.

Das Papier liegt vor, es bietet Flächen für Reibung, die ohne gegenseitige Verdächtigungen entstehen kann. Und auch ohne »Spiegel«-Fechtereien, als – wie man aus der Fraktionsführung hörte – »seltsame und nicht ganz sachgerechte Begleitmusik«.

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