Werbung

Betrifft: Kreditantrag

  • Dietrich Kittner
  • Lesedauer: 3 Min.

An die
KfW Bankengruppe
Niederlassung Berlin
Charlottenstraße 33/33 A
10117 Berlin


Betr. Kreditantrag

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie ich erfahren habe, werden z. Zt. auf dem deutschen Markt Kontonummern, Anschriften, sowie Bonitätsangaben über 21 Millionen deutsche Haushalte angeboten. Der Kaufpreis dafür beträgt 12 Millionen Euro.

Ich habe nun eine innovative Geschäftsidee und beabsichtige, die Daten zur Verwertung durch meinen mittelständischen Betrieb zu erwerben. Schon nach vorsichtigster Einschätzung der Situation ist die Investition als außerordentlich lukrativ zu beurteilen. Bei Abbuchung von auch nur 5 Euro von jedem einzelnen der erwähnten Konten würde der Ertrag 105 Millionen Euro betragen. Das bedeutet nach Abzug des Kaufpreises einen Rohgewinn von insgesamt 93 Millionen Euro bzw. einen sicheren Profit von über 750 Prozent innerhalb eines Zeitraums von höchstens 3 Wochen. Ich beantrage deshalb hiermit ein Darlehen von 12 Millionen Euro zur Abdeckung des Kaufpreises.

Die Investition wäre nahezu risikolos. Wie Sie aus eigener Erfahrung wissen, prüft keine Bank die Legitimität einer läppischen Abbuchung von €4,90 oder 5,10 Euro. Bei Ihnen zum Beispiel gehen bekanntermaßen schon mal Überweisungen von 300 Millionen Euro übers Wochenende ungeprüft an eine Pleitebank. Ich müsste folglich die Abbuchungen dann nur jeweils freitags veranlassen und sofort auf eine Hausbank deutscher Führungskräfte in Liechtenstein oder auf den Bahamas verschwinden lassen, übers Wochenende wäre dann alles weg.

Ein gewisses Restrisiko für mich persönlich nehme ich angesichts des o. e. Profits von 750 Prozent in Kauf. Nach einer Studie, die der deutsche Wirtschaftswissenschaftler Dr. Karl Marx, z. Zt. London, der Nachwelt überliefert hat, scheut ja das Kapital bereits ab einem Profit von 300 Prozent kein Verbrechen auf die Gefahr des Galgens hin. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass meine beherzte Investition wider Erwarten zu juristischen Irritationen führen sollte, hätte ich nicht den Galgen, sondern schlimmstenfalls eine staatliche Klausur von höchstens 4 Jahren zu erwarten. So etwas nehmen ja sogar Führungskräfte von Weltfirmen wie etwa Siemens oder die Volkswagen AG in Kauf. Für mich bedeutete das so genannte »Absitzen« dann einen Jahresertrag von 23 Millionen Euro bzw. einen Stundenlohn von 2654,11 Euro. Und das sogar während des Schlafes. Wer hat das schon? Außer Herrn Wiedeking von Porsche natürlich.

Um im Banksterjargon zu bleiben: Die Sache ist bombensicher.

Ich gehe überdies davon aus, dass der beantragte Kredit ohne Probleme eine Bundesbürgschaft aus dem 500 Milliarden Bankenrettungsschirm der Frau Bundeskanzlerin erhält. Ein gutes Geschäft also auch für Sie. Denken Sie mal an Ihre Provision! Also bitte: Her mit der Knete!

Freundliche Investorgrüße!

Dietrich Kittner

P.S.: Machen Sie schnell, ehe eine schäbige Konkurrenzbank von meiner Geschäftsidee Wind bekommt und das Ding selbst dreht.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal