Rauch aus glänzenden Kunstwerken

Berlins einziger professioneller Pfeifenmacher fertigt in Treptow Unikate an

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 3 Min.
Nils Thomsen bei der Arbeit
Nils Thomsen bei der Arbeit

Wer in den Laden von Nils Thomsen möchte, muss zuerst durch die Werkstatt: Vorbei an Drehbänken, einer Poliermaschine, vielen Kisten mit Holzklötzen und Spänen. Alles, was in dem Raum mit der breiten Glasfront liegt und steht, ist mit einer dünnen Staubschicht bedeckt. Es riecht nach kaltem Rauch, aber nicht unangenehm. Kräftig irgendwie, nach ganz verschiedenen Kompositionen. Auf jeden Fall anders, als der Laie es vielleicht in einem Pfeifenladen mit reichhaltigem Tabakangebot vermutet. Es fehlt die aufdringliche »Gummibärchen-Note«. Die, die man oft meilenweit wahrnimmt, noch bevor ein Pfeifenraucher überhaupt zu sehen ist.

Aber das hat etwas mit dem Ladeninhaber zu tun. Nils Thomsen, Berlins einziger professioneller Pfeifenmacher, will weg von diesem überbetont süßlich-vanilligem Image. »Ich möchte zurück zu den Ursprüngen der natur belassenen Tabake, die höchstens leicht aromatisiert sind, nach englischem Vorbild eben«, sagt der 52-Jährige. Mitstreiter findet er vor allem im Tabakskollegium, einem offenen Klub Gleichgesinnter, die sich immer donnerstags an einem Stammtisch in Treptow treffen. Eigens für diese Enthusiasten entwickelte Thomsen eine spezielle Kollegiumspfeife: Mit einer ovalen Kopfform, einem guten Stand und einer besonders angenehmen Handlage. Mehr als 160 Stück hat er davon schon verkauft. Obwohl diese Pfeifen praktisch immer die gleiche Form haben, ist jedes Teil ein handgefertigtes Unikat. So wie auch die anderen rund 1000 Pfeifen, die Thomsen seit Eröffnung seiner Werkstatt und des dazugehörigen Ladens kreierte.

2002 machte der ehemalige NVA-Offizier aus einem langjährigen Hobby seine neue Profession. Der Grund für den neuen Lebensabschnitt war eine schwere Krankheit. Mit seinem handwerklichen Geschick, seiner künstlerischen Ader und den vielen Ideen, die nur so aus ihm herauszusprudeln, hat er sich mittlerweile einen Namen im In- und Ausland gemacht. In einer Umfrage der Fachzeitschrift »Cigar Clan« wurde er sogar zum »Pfeifenmacher des Jahres 2007« gekürt. »Natürlich bin ich stolz auf diese Ehrung«, sagt der drahtige Mann, der mit so viel Fingerspitzengefühl aus dem italienischen Bruyère-Wurzelholz die filigranen Meisterstücke fertigt: Meistens nach seinen eigenen Inspirationen, manchmal aber auch nach konkreten Kundenwünschen.

Gerade der Kontakt zu den Laden- und Werkstattbesuchern beflügelt ihn. »Ich mag die Gespräche mit den Leuten und die gemütliche Atmosphäre, die ich mir hier geschaffen habe«, erklärt Nils Thomsen. Wer bei ihm vorbeikommt, kann nicht nur die vielen ausgestellten Pfeifen anschauen, sondern auch probieren: Oder die hell- und dunkelbraun, gemaserten, einfarbigen, hochglanzpolierten Kunstwerke einfach in die Hand nehmen. Thomsen ist ein Genussmensch durch und durch, so wie es Pfeifenraucher eben sind.

Er beschreibt sich und seine Kollegiumsmitglieder als »kommunikative Gesellen, die vielleicht etwas introvertiert sind, intellektuell, aber nicht elitär«. Seit Jahren beteiligt er sich unter anderem mit ihnen gemeinsam an der von Frank Zander organisierten »Berliner Weihnachtstafel für Obdachlose«. Für September plant Nils Thomsen in Berlin die deutschen Meisterschaften im Langsam-Rauchen. Er selbst fährt gern zu Wettkämpfen, um Gleichgesinnte zu treffen.

Von seinem Vater, der Apotheker war, hat Nils Thomsen ein uraltes Tabak-Rezept übernommen, dass er sich oft mischt. Zu seinen besonderen Angeboten gehört die Pfeifenfahrschule, an der auch Frauen teilnehmen.

Nils Thomsen, Tabakspfeifenmacher, Elsenstraße 115, 12435 Berlin. Telefon: 34 62 95 03 oder www.nilsthomsenpipes.com.

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