Schräge Vögel

Intoxicated Demons Gallery zeigt Andreas Pistner

  • Anouk Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Hier frönen grässlich bezahnte Monster dem Rock’n’Roll, dort kämpft ein grimmiger knallblauer Tintenfisch mit den roten Tentakeln eines anderen Meeresbewohners. Harmloser geht’s im Treppenhaus nebenan zu: An den Wänden tummeln sich Katzen mit roten Hauben, eine Eule mit Armen und Beinen und jede Menge andere seltsame Vögel.

Witziges und Skurriles zeigt noch bis 8. Februar die Intoxicated Demons Gallery in Kreuzberg. Das direkt neben dem Café »KuchenKaiser« gelegene Ladengeschäft mit dem merkwürdigen Namen – der übersetzt soviel wie »Galerie der vergifteten Dämonen« heißt – ist eigentlich auf Streetart spezialisiert, präsentiert aber auch andere junge Künstler.

Denn der Begriff Streetart fällt einem bei den fein ausgearbeiteten Werken von Andreas Pistner sicher nicht ein: Statt mit Sprühdose oder breitem Pinsel arbeitet der 28jährige Wiesbadener mit dem alten Aquatinta-Verfahren, einer Form des Tiefdrucks, die im 18. Jahrhundert erfunden und u.a. von Goya und Miró genutzt wurde. Das Verfahren, bei der über Flächenätzung verschiedene Abstufungen von Grautönen erzeugt werden, gibt Pistners Radierungen einen altmodischen Touch.

Die abgebildeten Wesen dagegen scheinen eher einem Comic entsprungen: Da gruppieren sich Fantasiewesen mit Geweih und Zylinder, runde Fische mit Häusern auf dem Kopf, missgelaunte Walrösser und Papageien mit Zigarette neben- und umeinander; da reiten Monster mit Waffen auf einem Vogel, haben Elefanten und Fische Kanonenklappen am Körper und faltet der »Schweinepriester« in langer Kutte brav die Hände. Neben den Radierungen mit ihren vielen Grautönen stechen einige Acrylmalereien mit leuchtenden Farben hervor. »Charakterliche Landschaften« nennt sich die Ausstellung, und wirklich tragen alle Figuren Pistners bei sonst äußerst merkwürdigem Aussehen eindeutig menschliche Gesichtszüge, von hämisch und böse bis zu überrascht, andächtig und lieb.

Hinter der Tür der eigentlichen Galerie geht es aber noch weiter: Hier findet sich die so genannte Secret Gallery, ein kahles, heruntergewirtschaftetes Treppenhaus, das von Baulampen erleuchtet wird. Man muss schon ein bisschen kraxeln, um alle Bilder des amerikanischen Künstlers Stefan Thompson zu sehen. Was auf den ersten Blick wie bunte Skizzen anmutet, sind liebevolle Zeichnungen von Vögeln und anderen Tieren, die nicht selten komische Kopfbedeckungen tragen, spitze Schnäbel haben oder Flügel. All diese wie aus einem Märchen stammenden Wesen sind mit Kreide gemalt, da Thompson während seines Naturwissenschafts-Studiums erfuhr, wie viele Giftstoffe in handelsüblichen Farben stecken. Seit 2007 arbeitet er ausschließlich mit selbst gemixten, 100 Prozent ökologischen Farben – und ist damit voll im Trend der derzeitigen Biowelle.

Bis 8.2., geöffnet Di.-So. 14-20 Uhr; Naunynstr. 46, Kreuzberg

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