Düstere Prognose für das Pfund

US-Investment Guru Rogers erklärt: »Sterling ist am Ende«

  • Anna van Ommen, London
  • Lesedauer: 3 Min.
Jim Rogers rät Investoren zum Rückzug aus Großbritannien. Die vergangenen Tage scheinen dem Mann, der zu den erfolgreichsten Spekulanten der Welt zählt, Recht zu geben. Mit dem Verfall des Pfunds sinkt das Vertrauen in die britische Wirtschaft.

Es gibt nur wenige Menschen, die so einen Einfluss auf Finanzmärkte haben wie Jim Rogers. »Ich rate Ihnen, sämtliche Pfundreserven zu verkaufen«, sagte der 66-Jährige kürzlich. Damit schüttete Rogers Öl ins Feuer, nur wenige Stunden, nachdem der britische Regierungschef Gordon Brown ein neues Bankenrettungspaket verkündet hatte. Der Investmentspezialist beteuerte: »Sterling ist am Ende. Es tut mir leid es sagen zu müssen, aber ich würde kein Geld in Großbritannien anlegen.«

Die britische Währung erreichte Ende Januar gegenüber dem US-Dollar den tiefsten Stand seit 25 Jahren. Seit dem Hoch im Sommer, als das Pfund noch 2,11 US-Dollar wert war, büßte Sterling 35 Prozent seines Werts ein. Im Dezember betrug der Wechselkurs für ein Pfund 1,04 Euro.

Derweil wächst das britische Staatsdefizit. Mit 700 Milliarden Pfund (741 Milliarden Euro) machen die Schulden der öffentlichen Kasse 47,5 Prozent des Inlandsprodukts aus. Das ist zwar relativ gering im Vergleich zu anderen europäischen Staaten, 2001 betrug der Schuldenberg allerdings »erst« 30 Prozent. Grund für das rapide wachsende Defizit ist offenbar ein jahrelanges Überschreiten des Staatsbudgets. Dazu kommen die Hilfsprogramme für britische Banken, die mit 100 Milliarden Pfund Schulden zu Buche schlagen. Auch die Arbeitslosenquote (6,1 Prozent) bietet kaum Grund zur Hoffnung.

Jim Rogers, der in Singapur die Investmentgruppe Rogers Holdings leitet, macht aus seiner Skepsis gegenüber internationalen Rettungsmaßnahmen keinen Hehl: »Die Idee, dass man eine Zeit exzessiver Kreditaufnahme und exzessivem Konsums mit mehr Krediten und mehr Ausgaben reparieren kann, ist mir schleierhaft.« Die meisten Amerikaner würden das vollständige Aufräumen des Schlamassels in den Finanzmärkten nicht mehr miterleben.

Pikanterweise erlebte die britische Währung 1992 einen ähnlich rapiden Verfall, als das Pfund das Europäische Währungssystem verlassen musste. Daran war Jim Rogers' ehemaliger Geschäftspartner, George Soros, nicht unschuldig. Die beiden gründeten in den 1970er Jahren den Hedge-Fonds »Quantum Funds«. Während Rogers sich nach diversen Spekulationen zurückzog, verdiente Soros rund eine Milliarde Dollar am Kollaps der britischen Währung. Er wettete, dass Großbritannien Sterling abwerten oder das EWS verlassen werde. Soros pumpte große Summen in die Schwächung des Pfunds. Die Wette zahlte sich aus.

Rogers sagt, die beiden Grundsteine der britischen Wirtschaft seien ins Wanken geraten: Zum einen gehe Großbritannien das Nordseeöl aus, zum anderen gebe es keine gesunden Banken mehr. Die britische Wirtschaft ist stark vom Bankensystem abhängig, es macht 400 bis 450 Prozent des britischen Bruttoinlandsprodukts aus.

Bislang haben sowohl die britische Regierung als auch die Zentralbank den Verfall des Pfunds gelassen gesehen. Sie setzten auf einen Zuwachs bei Exporten. Neil MacKinnon, Chef-Ökonom der ECU-Gruppe, ist besorgt: »Es besteht große Gefahr, dass sich der Verfall des Pfunds zur ausgewachsenen Krise entwickelt. Die Regierung und die Bank of England werden ihre Einstellung zum Pfund schnell ändern müssen.«

Noch nutzen viele Europäer die Möglichkeit, in Großbritannien günstig einzukaufen. Die Zeit für Schnäppchenjäger könnte jedoch bald vorbei sein: Am Freitag erreichte das Pfund ein Zweimonatshoch und steht bei rund 1,15 Euro.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal