Unterwegs im Nirgendwo

Leverkusen heute zu Gast in Wolfsburg

  • Christian Heinig
  • Lesedauer: 3 Min.

Er hat einen klaren Auftrag zu erfüllen, jegliche Ausflüchte sind ausgeschlossen. »Unser Ziel ist die Rückkehr nach Europa«, hat Bayer Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler vor der Saison ausgegeben. Nicht nur als Ziel, wenn man den Nachsatz von Völler dazu addiert. Die Rückkehr in den Europapokal »ist ein klarer Auftrag an den neuen Trainer«, hat Völler hinzugefügt. Ein Satz, den Bruno Labbadia, der vor der Saison die Werkself übernahm, nicht vergessen haben wird. Und einer, der ihn zurzeit verfolgt. Leverkusen ist lediglich Neunter der Fußball-Bundesliga, weit entfernt vom Sprung in internationale Gefilde. Labbadia aber mimt vor dem Duell am Sonnabend bei Spitzenreiter VfL Wolfsburg wie schon zu aktiven Zeiten den Angreifer. Er sagt: »Wir sind noch nirgendwo hingefahren, um unentschieden zu spielen.«

Vor fast genau fünf Monaten war die Bayer-Welt noch in Ordnung. Mehr als das. Am 13. Spieltag hatte Leverkusen überraschend die Tabellenspitze erklommen, war punktgleich mit den Hinrundenhimmelstürmern aus Hoffenheim. Inzwischen dient Labbadias Elf als abschreckendes Beispiel, dessen sich diese Woche sogar Wolfsburgs Trainer Felix Magath bediente, als er alle Meisterschaftsambitionen seines Klubs von sich wies: »Unser Gegner war mal Tabellenführer und ist in 14 Spieltagen von Platz eins auf neun abgerutscht. So schnell geht das.«

Nach einer Erklärung für den plötzlichen Absturz wird in Leverkusen bisher vergeblich gesucht. Zu Saisonbeginn noch zeichnete sich die Bayer-Elf durch Spielwitz und Offensivfreude aus, davon ist wenig geblieben. »Bieder 04», urteilte der »kicker«. Nach dem 1:1 Ende März gegen Frankfurt befand Völler: »Das war blutleer. Wir haben Angst, Fehler zu machen, das ist tödlich im Fußball.« Immerhin: Beim 2:0 in Köln und 1:1 gegen Bremen zuletzt konnte Völler »einen Aufwärtstrend« feststellen.

Gern wird bei Bayer, ganz gleich, ob es einen Erfolg zu feiern oder einen Misserfolg zu erklären gilt, der Faktor Alter thematisiert. »Wir haben eine Mannschaft, die mithalten kann«, sagt Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser über Helmes, Rolfes & Co., »aber wir haben auch eine sehr junge Mannschaft. Sie ist anfällig.« Labbadia selbst spricht von Schwankungen, die nicht zu vermeiden seien.

Immerhin gibt es eine Rangliste, die Bayer Leverkusen sogar als Spitzenreiter aufweist: die Auswärtstabelle. Hier liegt die Werkself mit 23 Zählern knapp vor Bayern München (22). Trotzdem ist Leverkusen momentan unterwegs irgendwo im Nirgendwo. Labbadia sagt: »Wir können uns jetzt keine Ziele für den Rest der Saison setzen, sondern müssen zunächst einmal das nächste Spiel gewinnen.«

Verwundern tut der Satz nicht. Der 43-Jährige will keine Druckkulisse aufbauen, schon gar nicht vor einem Spiel beim Tabellenführer. Aber auch er wird im Hinterkopf haben, dass sein Vorgänger Michael Skibbe gehen musste, weil er den internationalen Wettbewerb nicht erreichte.

Wobei: Der Bayer-Trainer hat ja noch ein Hintertürchen für seinen Europaauftrag: den DFB-Pokal. Am Dienstag trifft Bayer im Halbfinale auf Mainz 05. Eine machbare Aufgabe. Schon Bayer-Kapitän Simon Rolfes hatte nach dem 4:2-Erfolg über Bayern München im Viertelfinale gesagt: »Wenn wir über Berlin dann nach Europa kommen, ist es auch gut.«

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