Simbabwe braucht Unterstützung

Westen verlangt zuerst politische Reformen

  • Georg Krase
  • Lesedauer: 2 Min.
Die International Crisis Group (ICG) hat den Westen aufgefordert, Simbabwes Einheitsregierung durch begrenzte Unterstützung vor dem Scheitern zu bewahren. Premierminister Morgan Tsvangirai, früher selbst Gewerkschaftsführer, wies am 1. Mai Forderungen nach einer Erhöhung des Mindestlohns im öffentlichen Dienst von derzeit 100 US-Dollar monatlich zurück: Die Regierung sei bankrott.

Ein Bericht der International Crisis Group (ICG) kritisiert die abwartende Haltung des Westens, der Hilfe und Investitionen für Simbabwe von politischen Fortschritten abhängig macht. Die im September 2008 vereinbarte Regierung der nationalen Einheit mit Robert Mugabe (ZANU-PF) als Präsident und dem Führer der Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) Morgan Tsvangirai als Premierminister kam erst im Februar nach heftigen Machtkämpfen zustande. Bisher bemühten sich die einst zerstrittenen Politiker, die einigenden Aspekte zu betonen. Ein Mehrparteienkomitee soll Probleme bei der Machtteilung lösen und sorgte zunächst für die Freilassung fast aller politischen Gefangenen.

Dennoch sehen westliche Diplomaten mehr Machtkampf als Machtteilung. Mugabe will seine Positionen sichern, Tsvangirai seinen Einfluss erweitern. Kürzlich ordnete Mugabe den lukrativen Bereich der Telekommunikation einem seiner ZANU-Minister zu. Vizepremier Arthur Mutambara von der kleineren MDC-Fraktion demonstrierte Entschlossenheit gegenüber ungesetzlichen Farmenteignungen, musste es aber bei starken Worten belassen. Umstritten sind der Gouverneur der Zentralbank und der Generalstaatsanwalt, beide von Mugabe ernannt. Ein Unsicherheitsfaktor bleiben die Sicherheitskräfte, deren Chefs als Garanten der alten Ordnung gelten.

Wichtiger ist jedoch die wirtschaftliche Katastrophe. Das Schicksal der Einheitsregierung hängt davon ab, ob die Talfahrt aufgehalten wird. Mittlerweile wurde der verfallene Simbabwe-Dollar aus dem Verkehr gezogen, nachdem zuvor ausländische Währungen zugelassen worden waren. Danach kam es zu einer gewissen Preisstabilisierung. Die Regierung benötigt jedoch 8,5 Milliarden US-Dollar für ein dreijähriges wirtschaftliches Notprogramm. Südafrika und Botswana sagten Kredite zu, Australien kündigte die Wiederaufnahme der Hilfe an. Doch die meisten westlichen Kreditgeber verlangen zunächst politische Reformen. Eine Änderung der Mediengesetze und die Verbesserung der Lage in den Gefängnissen wurden in Harare bereits angekündigt. Bis Februar 2010 soll eine demokratische Verfassung erarbeitet werden. Am Unabhängigkeitstag sprach Robert Mugabe von einem nationalen Heilungsprozess und rief den Westen auf, Sanktionen gegen sein Land aufzuheben. US-Außenministerin Hillary Clinton würdigte die Bemühungen der Übergangsregierung, doch der Weg zur Aufhebung der Sanktionen ist ihren Worten zufolge noch lang.

2003 hatte die Weltbank geschätzt, Simbabwe werde 15 Jahre brauchen, um wieder das wirtschaftliche Niveau von 1997 zu erreichen. Laut Finanzminister Tendai Biti belaufen sich die monatlichen Staatseinnahmen derzeit lediglich auf ein Fünftel der erforderlichen 100 Millionen Dollar. Lehrergewerkschaften, die mit Streik gedroht hatten, sagten den Arbeitskampf ab. Immerhin hat die Einheitsregierung die Schulgebühren um mehr als die Hälfte gekürzt. Doch der gewaltige soziale Druck wächst weiter, die UNO gibt die Arbeitslosigkeit in der Industrie mit 95 Prozent an. Und die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise bietet nicht gerade günstige Rahmenbedingungen für den Wiederaufbau.

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