Rechtsaußen auf dem Vormarsch

Extremistische Parteien haben deutlich zugelegt

  • Carsten Hübner
  • Lesedauer: 2 Min.

Zum ersten Mal in ihrer Geschichte entsendet die faschistische »British National Party« (BNP) zwei Abgeordnete nach Straßburg, darunter ihren wegen Volksverhetzung vorbestraften Vorsitzenden Nick Griffin. Die ungarische Partei »Jobbik«, Urheber der romafeindlichen Miliz »Ungarische Garde«, erreichte aus dem Stand drei Mandate. Neu im Europaparlament sind zudem die islamfeindliche »Partij voor de Vrijheid« (PVV) des Niederländers Geert Wilders (Foto: dpa), die »Slovenská národná strana« mit einem Sitz und die belgischen Populisten der »Lijst Dedecker«, ebenfalls mit einem Mandat.

Insgesamt 51 Abgeordnete werden vermutlich das Rechtsaußenspektrum im Europaparlament bilden. Weitere rund 70 Abgeordnete sind dem nationalkonservativen Lager zuzurechnen, darunter die Partei »Recht und Gerechtigkeit« (PiS) des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski, die auf 16 Mandate (+9) kam, und der »Ungarische Bürgerbund« Fidesz, der 14 Sitze (+2) erreichte. Sie gelten gemeinsam mit mehreren baltischen Parteien als mögliche Partner der britischen Konservativen und der tschechischen »Demokratischen Bürgerpartei« (ODS) bei der Gründung einer neuen, europaskeptischen Fraktion rechts der EVP-Fraktion. Zusammengenommen stellen Rechtsextreme, Populisten und Nationalkonservative künftig rund 18 Prozent der Abgeordneten.

Ob es, wie 2007, wieder zu einem offen rechtsextremen Zusammenschluss kommen wird, ist offen. Nach der Anhebung des Quorums zur Gründung einer Fraktion von 20 auf nun 25 Abgeordnete aus 6 Ländern fehlen dem bisherigen Spektrum der Gruppierung »Identität, Tradition, Souveränität« (ITS) noch eine Reihe Mandate, zumal mehrere ITS-Parteien Verluste hinnehmen mussten. Die französische »Front National« kommt nun auf drei Mandate (-4), der belgische »Vlaams Belang« (VB) auf zwei (-1) und die bulgarische »Ataka« auf zwei Sitze (-1). Die Zugewinne der österreichischen FPÖ um einen auf nun zwei Abgeordnete und die Rückkehr der »Großrumänienpartei« nach Straßburg mit zwei Parlamentariern können diese Verluste nicht ausgleichen.

Wahrscheinlicher erscheint es deshalb, dass insbesondere FPÖ und VB die Aufnahme in die rechtsnationalistische Fraktion »Union für ein Europa der Vaterländer« (UEN) anstreben. Bereits vor der Wahl hatten UEN-Mitglieder, wie die fremdenfeindliche »Dansk Folkeparti« und die rassistische italienische »Lega Nord«, signalisiert, eine solche Integration zu befürworten. Auch die seit 1999 bestehende UEN steht jedoch vor der Schwierigkeit, die Hürde von 25 Abgeordneten zu nehmen.

Da auch der dritten Fraktion mit rechter Beteiligung, der bisher 22-köpfigen Gruppe »Unabhängigkeit/Demokratie«, die Auflösung droht, sind neben der stramm nationalistischen »United Kingdom Independence Party« mit voraussichtlich 13 Sitzen (+1) auch die künftig zwei Abgeordneten der neonazistischen griechischen Partei LAOS auf der Suche nach neuen Partnern. Beobachter halten es für denkbar, dass es zu einer Rechtsaußenfraktion kommt, die erstmals in der Geschichte des Europaparlaments die verschiedenen Spektren der extremen Rechten vereint.

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