Winnetou mit Esel

Gojko Mitic als »Sorbas« in Schwerin

  • Volker Trauth
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist das erste Mal, dass das Schweriner Schauspielensemble im Rahmen der Schlossfestspiele die attraktive Openair-Spielstätte auf dem Alten Garten zwischen Schloss, See und Staatstheater für seine Sommerinszenierung nutzt. In einer Gemeinschaftsproduktion von Schauspiel und Ballett läuft das Musical »Sorbas« von Stein/ Kander/Ebb.

Regisseur Peter Dehler setzt auf den Schauwert der Stückvorlage sowie auf die Ohrwurmqualität der Lieder und Chöre. Eine große Trommlergruppe zieht auf und gibt mit harten Schlägen auf blaue Teerfässer den Rhythmus der Inszenierung vor, zahlreiche dieser Fässer werden in die Luft gesprengt, das Ballettensemble spitzt mit Gruppentänzen von künstlerischem Eigenwert (wie dem Tanz mit brennenden Fackeln) die Handlung zu, ein brennender Mensch stürzt über die Bühne, und auf dem Hintergrund steigen im Moment der Steinigung der Witwe riesige Schwärme von schwarzen Vögeln auf. Sie folgen den Tausenden von Schmetterlingen, welche als Sendboten kommenden Glücks auf dem Hintergrund herumirrten.

Eindrucksvolle Bildlösungen stechen ins Auge. Auf der Filmleinwand fallen sich die Witwe und der junge Intellektuelle Nikos in die Arme, sie werden gleichsam überrollt von einer gewaltigen Welle, und in diese Welle springt – in leibhaftiger Gestalt- der Selbstmörder Pavlik.

Schauspielerisch gesehen ist auf der etwa 30 Meter vom Zuschauerraum entfernten Hauptbühne freilich nicht die subtile Feinzeichnung zu erwarten. Es dominiert die große Geste und die emphatische Gebärde.

Der Abend wird getragen von Gojko Mitic als Sorbas. Schon sein erster Auftritt – nicht als verwegener Reiter und Tomahawkwerfer, sondern als alter Mann mit dem Esel – wird mit Szenenapplaus bedacht. Im ersten Teil des Musicals ist er durchgängig der Naturbursche mit dem grauen Haar und der erstaunlichen körperlichen Fitness, der Mann, der für jeden den richtigen Ton findet und es nicht lassen kann, den Damen überschwängliche Komplimente zu machen. Im zweiten Teil hat er jedoch Momente, die tiefere Schichten der Figur aufscheinen lassen. Beeindruckend, wenn er von Resignation und Fatalismus gepackt wird und die Gewalt als immer wiederkehrendes, nicht ausrottbares Übel erkennt. »Immer werden Mütter weinen« presst er dann schmallippig heraus.

Größeren Raum als in Buch und Film nimmt die Figur des Behinderten Mimikos in der Gestaltung von Johannes Zürner ein. In Erinnerung bleiben wird auch Kathrin Huke als singende und tanzende Erzählerin. Sie ist nicht nur von herausragender Präsenz, sondern trifft auch – genauer als andere – die hohen Gesangstöne.

Bis zum 30. August jeweils Mittwoch bis Sonntag

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