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»Urknallmaschine« arbeitet wieder

Physiker beruhigen: Eine Gefahr für die Umwelt besteht nicht

  • Martin Koch
  • Lesedauer: 2 Min.
Grafik: dpa
Grafik: dpa

Am letzten Wochenende war es endlich soweit: Der größte Teilchenbeschleuniger der Welt, der ringförmige »Large Hadron Collider« (LHC) des europäischen Kernforschungszentrums CERN bei Genf, wurde wieder in Betrieb genommen. Freitagnacht raste der erste Protonenstrahl durch die 27 Kilometer lange Beschleunigerröhre, die sich rund 100 Meter unter der Erde befindet. Am frühen Sonnabend folgte ein weiterer Strahl – in entgegengesetzter Richtung. Einer, der sich über dieses Doppelereignis besonders freute, war CERN-Direktor Rolf-Dieter Heuer: »Es ist toll, dass der LHC samt Teilchenstrahl wieder läuft.«

Eigentlich hätte die knapp vier Milliarden Euro teure Maschine schon vor über einem Jahr ihre Arbeit aufnehmen sollen. Doch nach einem Bilderbuchstart am 10. September 2008 kam es wenige Tage später zu einer Panne im Kühlsystem. Der LHC musste daraufhin abgeschaltet und aufwändig repariert werden. Zugleich wurden neue Sicherheitsvorrichtungen eingebaut, um ähnliche Pannen künftig zu verhindern. Dass es hierfür freilich keine Garantie gibt, zeigte sich Anfang November 2009: Ein Vogel verlor ein Stückchen Brot und löste dadurch im LHC einen Kurzschluss aus, dem ein Notstopp des Beschleunigers folgte. Inzwischen jedoch scheint alles nach Plan zu laufen, und am CERN ist man guter Dinge, noch Ende dieses Jahres mit ersten Experimenten beginnen zu können.

Im Endeffekt wollen die Forscher in der LHC-Röhre Bedingungen simulieren, wie sie kurz nach dem Urknall vor 13,7 Milliarden Jahren herrschten. Zu diesem Zweck werden Protonen bei extrem tiefen Temperaturen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und dann zur Kollision gebracht. In den Trümmern solcher Zusammenstöße hoffen die Forscher auch das lange gesuchte Higgs-Teilchen zu finden, das sogenannte Teilchen Gottes, welches der Theorie zufolge anderen Teilchen Masse verleiht.

Allerdings löst die »Urknallmaschine« bei Menschen auch Ängste aus. So kursiert seit Monaten das Gerücht, die neuen Experimente seien im höchsten Maße gefährlich und könnten geradewegs in den Weltuntergang führen. Denn man müsse damit rechnen, sagen Kritiker, dass es infolge der Protonenkollision im LHC zur Bildung winziger Schwarzer Löcher komme. Diese wiederum könnten unter Umständen die gesamte Erde verschlingen.

Ein deutscher Chemiker reichte deshalb schon 2008 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Klage gegen den Start des Teilchenbeschleunigers ein. Doch der damit verbundene Eilantrag wurde abgewiesen. Zurecht, wie eine Expertenkommission jetzt meint und erklärt: Als Teil der kosmischen Strahlung gelangen jede Sekunde etwa 100 000 Protonen auf die Erde, deren Energie jener der LHC-Protonen entspricht. Würden dabei die befürchteten Schwarzen Löcher entstehen, wäre die Erde darin wohl längst verschwunden.

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