Klein wollte Taliban »vernichten«

Bomben galten nicht den Tanklastzügen, sondern Aufständischen

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Die Affäre um den Luftangriff in Afghanistan mit vielen Toten und Verletzten nimmt eine neue Dimension an. Das Bundeskanzleramt soll vor dem Luftschlag ein schärferes Vorgehen der Bundeswehr gegen die Taliban gebilligt haben.

Berlin (dpa/ND). Offenbar macht die Bundeswehr in Afghanistan gezielt Jagd auf vermeintliche und tatsächliche Talibankämpfer. Nach Informationen der »Leipziger Volkszeitung« seien das Kanzleramt, die Spitze des Verteidigungsministeriums sowie mit der Koordination der Geheimdienste beauftragte Regierungsvertreter vor und nach dem Luftangriff bei Kundus am 4. September in eine damals vereinbarte neue Eskalationsstufe in Afghanistan einbezogen worden. Dabei sei es auch um die gezielte Liquidierung der Taliban-Führungsstruktur gegangen.

Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages soll die Kundus-Affäre durchleuchten. Er konstituiert sich am kommenden Mittwoch. Nach Medienberichten vom Samstag habe der Luftschlag von Kundus nicht auf die beiden Tanklastzüge, sondern auf eine Gruppe von Taliban und deren Anführer gezielt. Die Zeitung zitiert aus dem Untersuchungsbericht der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF). »Er wollte die Menschen angreifen, nicht die Fahrzeuge«, heiße es in dem geheimen Bericht über den für den Angriff verantwortlichen Oberst Georg Klein. Oberst Klein habe demnach selbst in einem von ihm verfassten Bericht erklärt, die Taliban »vernichten« zu wollen, schreibt die Zeitung.

Die Bundesregierung hatte in der Vergangenheit stets erklärt, die Tanklastzüge seien angegriffen worden, weil eine Gefahr für die deutschen Truppen drohte. Laut »Leipziger Volkszeitung«, seien Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) sowie das Kommandos Spezialkräfte (KSK) in Abstimmung mit dem US-Geheimdienst CIA in die Entscheidungsstrukturen zur Tötung von Taliban einbezogen worden. Die Zeitung will aus dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam erfahren haben, dass sich der für den Angriff verantwortliche Oberst Klein »nach diesen Regierungsvorgaben regelrecht ermutigt gefühlt haben« dürfte, »einmal kräftig durchzugreifen«.

Verteidigungsminister zu Guttenberg hat nach Angaben des entlassenen Bundeswehr-Generalinspekteurs Wolfgang Schneiderhan alle wesentlichen Informationen zum Angriff von Kundus gekannt, als er diesen als »angemessen« einstufte. Der NATO-Untersuchungsbericht, der Guttenberg bei Amtsantritt vorgelegen habe, enthalte diese Informationen, sagte Schneiderhan dem ARD-»Bericht aus Berlin«. Zudem hätten er und der ebenfalls vom Dienst entbundene Staatssekretär Peter Wichert Guttenberg am 25. November auf Nachfrage insgesamt vier weitere Berichte zu dem Bombardement genannt. Kommentar Seite 4

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