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Eiland im Eis

  • Kira Taszman
  • Lesedauer: 2 Min.

»Diese Insel wirst du nie verlassen«, unkt ein finster dreinblickender Leonardo DiCaprio auf dem Plakat zu »Shutter Island«. Es steht leicht erhöht auf der bis gestern noch komplett vereisten Mittel-Insel der Potsdamer Straße und könnte tatsächlich ein schlechtes Omen sein. Denn Berlinale-Jubiläum hin oder her: Derzeit stehen die Zeichen eher auf Knochenbruch. Insbesondere dort, wo morgen die Präsentation des ersten Sterns für den so genannten Boulevard der Stars erfolgen soll.

Sportliche Naturen könnte der zur Eisbahn mutierte Mittelstreifen auf der Potsdamer Straße – auf dem jetzt zu allem Überfluss eine dünne Schneedecke liegt – natürlich zu einer Schlitterpartie animieren. Von einer Werbetafel zur nächsten quasi. Da diese auch Fotos bekannter Festival-Besucher der letzten Jahre zieren, würde man dann schwungvoll von Will Smith zu Shah Rukh Khan rutschen oder von Altrocker Mick Jagger zu Tilda Swinton.

Doch auch der restliche Potsdamer Platz war bis Redaktionsschluss – von ein paar spärlichen Korridoren abgesehen – mit einer dicken Eisschicht bedeckt. Trotz Vorfreude auf Filme und Stars empfiehlt es sich also, Vorsicht walten zu lassen. Andererseits bietet die kälteste Berlinale seit Jahrzehnten auch Gelegenheit, über neue Requisiten nachzudenken. Also weg mit den Berlinale-Taschen, -Mützen und -Stiften! Her mit den eis-tauglichen Berlinale-Spikes oder den sturz-abfedernden Ganzkörper-Watteanzügen! Einen Berlinale-Bären oder Sponsoren-Namen könnte man immer noch raufstempeln.

A propos Sponsoren: Wüsste man nicht, dass Spaniens Schauspiel-Star Penélope Cruz für einen großen gallischen Kosmetik-Konzern Modell steht, könnte ihr Riesen-Poster am Kolhoff-Tower glatt als Filmplakat durchgehen. Für einen Film, der in einem Frisiersalon spielt womöglich – doch halt, »Die Friseuse« heißt ja schon der neue Doris-Dörrie-Film…

Außerdem ist die Berlinale nun 60 – und damit ja schon eine ältere Dame. Etwas Besonderes für ihren runden Geburtstag haben sich zweifelsohne die Gestalter des diesjährigen Festival-Plakats einfallen lassen. Von fern beobachtet sieht man darauf auf lila Grund nur hellgrüne Lettern, die den Schriftzug der Berlinale bilden. Näher betrachtet, kann man darauf aber tatsächlich die 15 476 Titel aller Filme der letzten 59 Festivalausgaben erkennen, fein säuberlich nach Jahrgang aufgelistet. Vielleicht ist derlei künstlerische Vielfalt ja doch ein gutes Omen für die – im weitesten Sinne – Insel-Besucher des Potsdamer Platzes.

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