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Gute Umfragewerte trotz schlechter Presse

100 Tage ist die rot-rote Landesregierung im Amt – sie war bislang viel besser als ihr Ruf

Nach den ersten 100 Tagen seiner Regierung sieht Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) die Entscheidung für eine Koalition mit der Linkspartei bestätigt. Die meisten Brandenburger stehen hinter dem rot-roten Bündnis, so Platzeck.

Karneval in der Staatskanzlei: Am Freitag empfing Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) Prinzenpaare. Am heutigen Sonnabend sind 100 Tage rot-roter Regierung in Brandenburg herum. Viel Anlass zum Frohsinn bekam der Ministerpräsident in dieser Zeit nicht, das Theater um Stasi-Fälle in der Linksfraktion verdarb die Stimmung.

Es waren keine leichten Zeiten, diese ersten 100 Tage. »Aber wir haben ja auch nicht geglaubt, dass es ein Ritt über den Ponyhof wird«, seufzt man in der Linkspartei.

Keine schweren Fehler

Die Debatte über die Stasi-Vergangenheit habe den Beginn der Arbeit ausgesprochen erschwert, räumte Platzeck gestern ein. Dennoch sei er mit der bisherigen Bilanz der Koalition zufrieden – und das darf er auch sein. Rot-Rot bekam zwar jede Menge schlechte Presse, doch die Masse der Brandenburger bewertet die Regierung offenbar besser und damit gerechter als die Masse der Journalisten. In der jüngsten Umfrage erreichten SPD und LINKE die Werte der Landtagswahl im September 2009. Die CDU legte im Vergleich zu ihrem damaligen Ergebnis lediglich zwei Prozent zu, die FDP büßte sogar ein Prozent ein.

Die meisten Brandenburger stehen hinter der rot-roten Regierung, weil sie die richtigen Ziele verfolge, ist Platzeck überzeugt. Bei der Verabschiedung des langjährigen DGB-Landesbezirksvorsitzenden Dieter Scholz – ebenfalls am Freitag – bekräftigte der Ministerpräsident die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn. Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE) bereitet indessen ein Gesetz vor, das die Vergabe öffentlicher Aufträge an die Bedingung knüpft, dass die Beschäftigten wenigstens einigermaßen anständig bezahlt werden.

Niemand im Kabinett leistete sich einen schweren Fehler, obwohl die allermeisten Minister Neulinge in ihrem Job sind. Der stärkste Vorwurf richtet sich noch an Infrastruktur- und Landwirtschaftsministerin Jutta Lieske (SPD), von der es heißt, sie sei in ihrem Amt bislang blass geblieben. Mehr haben die Kritiker im Prinzip nicht in der Hand.

Von den Ministern der Linkspartei erwarb sich der Rechtsanwalt Volkmar Schöneburg als Experte im Justizministerium Respekt. Seine CDU-Amtsvorgängerin war nicht vom Fach. Umweltministerin Anita Tack gelang die Aussöhnung mit den Umweltverbänden und bei Wirtschaftsminister Ralf Christoffers müssen CDU-Leute einräumen, es habe keinen Bruch gegeben. Soll heißen: Er hat den Laden im Griff. Das war zu erwarten. Christoffers gilt als einer, der sich reinhängt und alle wichtigen Zahlen und Fakten stets im Kopf hat. Dass er zum Beispiel in der Frage der klimaschädlichen Verstromung der Braunkohle nicht die Mehrheitsmeinung seiner eigenen Partei vertritt, ist keine Neuigkeit. Die Linkspartei verfügt auch in Brandenburg über unterschiedliche Schattierungen.

Die sicher schwierigste Aufgabe erledigte Finanzminister Helmuth Markov. Er stellte angesichts der Krise den Haushalt 2010 auf. Das war ein Kampfauftrag, den er ohne Schlachtlärm erledigen konnte.

Offene Punkte

Für Aufregung sorgte allerdings eine später zurückgezogene Verordnung, bei der Berechnung von Jubiläen im Staatsdienst Tätigkeiten im Ministerium für Staatssicherheit oder bei den DDR-Grenztruppen zu berücksichtigen. Was bedeutet dies jedoch im Vergleich zu den Affären und Skandalen früherer Landesregierungen. Etliche Minister mussten wegen fragwürdiger Vorgänge ihren Hut nehmen.

Zentrale Versprechen, so einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor mit 8000 Stellen oder ein Schüler-Bafög, konnte die Koalition bislang tatsächlich noch nicht einlösen. Aber das hat Gründe. Beim Beschäftigungssektor klemmt es wegen der Bundesmittel, die Schwarz-Gelb nicht herausrücken möchte. Beim Schüler-Bafög wäre ein Schnellschuss nicht angebracht. Es muss erst sicher sein, dass die Empfänger das Bafög auch wirklich behalten dürfen, es den Eltern also nicht vom Arbeitslosengeld II abgezogen wird.

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