Universitäten besetzen?

Stefanie Graf über die Perspektiven der Uni-Proteste / Graf ist Geschäftsführerin des Studierendenverbandes »Die Linke.SDS«

  • Lesedauer: 3 Min.
Fragwürdig: Universitäten besetzen?

ND: Der Studierendenverband der Linkspartei beteiligte sich kurz vor den Wahlen in Nordrhein-Westfalen (NRW) in Düsseldorf an einer Demonstration gegen Studiengebühren. Ist das der Auftakt für die bundesweiten Bildungsproteste in diesem Semester?
Graf: Für diese Demonstration wurde vor allem in NRW mobilisiert. Damit sollte vor der Landtagswahl ein deutliches Zeichen für die Abschaffung von Studiengebühren gesetzt werden. Ein Wegfall der Studiengebühren in einem großen Land wie NRW hätte natürlich auch bundesweite Bedeutung und könnte einen Dominoeffekt in anderen Ländern auslösen. Zudem würde die Protestbewegung durch einen solchen Erfolg gestärkt.

Ihr Studentenverband hat für dieses Semester u.a. die Idee eines sogenannten Besetzungsstreiks entwickelt. Was würde sich dadurch gegenüber den bisherigen Protesten ändern?
Wir haben die Bildungsproteste der letzten Semester analysiert und die Stärken und Schwächen besprochen. Daraus haben wir den Schluss gezogen, dass der Druck verstärkt, die Bewegung verbreitert und die Proteste radikalisiert werden müssen. Daraus haben wir unseren Vorschlag eines Besetzungsstreiks entwickelt. Die Hochschulen würden während des Streiks besetzt und es würden keine Vorlesungen und Seminare stattfinden. Das hätte den Vorteil, dass die Studierenden, die die Forderungen des Bildungsstreiks unterstützen, sich aber am Streik wegen der Anforderungen des Studiums nicht beteiligen konnten, sich aktiv in die Proteste einbringen könnten. Im letzten Semester beteiligten sich viele Studierende an den Vollversammlungen des Bildungsstreiks und gingen danach wieder in ihre Vorlesungen.

Warum wären deren Probleme durch einen Besetzungsstreik behoben?
Bei solchen Streiks konnte in der Vergangenheit mit den Professoren und der Universitätsleitung eine Lösung gefunden werden, damit die beteiligten Studierenden keine Nachteile erleiden mussten. Das funktioniert allerdings nur bei einer großen Beteiligung.

Aber gerade daran haben Kritiker wie der langjährige Geschäftsführer des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren, Klemens Himperle, Zweifel. Er fordert inhaltliche Auseinandersetzungen statt Aktionismus und warnt vor dem Abbröckeln der Proteste.
Ich würde inhaltliche Arbeit und Aktionen nicht gegeneinander diskutieren. Wir haben unsere Vorschläge im Januar zur Diskussion gestellt und seitdem gibt es darüber eine Auseinandersetzung. Mittlerweile haben sich an verschiedenen Universitäten Bildungsstreikbündnisse wiedergegründet, die die Proteste fortsetzen wollen.

Gibt es konkrete Planungen?

Am 17. Mai findet die durch die Proteste durchgesetzte Bolognakonferenz mit Bundesbildungsministerin Schavan und Studierenden statt, die in die Hörsäle verschiedener Universitäten live übertragen werden soll. Anfang Juni ist eine dezentrale Aktionswoche der Bildungsproteste geplant, die am 9. Juni mit einem Aktionstag enden soll.

Der Besetzungsstreik ist wohl erst einmal verschoben?
Wir können und wollen ihn nicht alleine machen. Aber mit unserem Vorschlag haben wir eine mittelfristige Perspektive für den Bildungsstreik formuliert. Wir sehen darin eine Möglichkeit, den Prostest zu verbreitern und gleichzeitig zu radikalisieren. Das ist nötig, um den Druck zu erhöhen und eine wirkliche Verbesserung im Bildungssystem zu erreichen.

Gespräch: Peter Nowak

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal