Tschechen schocken russische Wunderstürmer

Deutsche Eishockeymannschaft verpasst bei Heim-WM Bronze nur knapp / Dennis Endras zum besten Spieler gekürt

  • Carsten Lappe
  • Lesedauer: 3 Min.

Wie Kinder hüpften Tschechiens Eishockey-Weltmeister um Altstar Jaromir Jagr im goldenen Konfettiregen und feierten ihr Eismärchen. Die besiegten russischen Wunderstürmer um Alexander Owetschkin standen nach dem unerwarteten 1:2 im Finale von Köln frustriert abseits und rissen sich ihre Silbermedaillen vom Hals.

»Das ist eine Star-Truppe, aber wir waren ein Team mit Herz«, jubelte Verteidiger Petr Caslava, nachdem die Mannschaft mit Staatspräsident Vaclav Klaus in der Kabine den zwölften WM-Titel für Tschechien gefeiert hatte. »Er ist unser Glücksbringer. Er ist zum dritten Mal bei uns und jedes Mal haben wir den Titel geholt«, sagte Caslava. Auch in der Heimat wurde gefeiert. In Prag fielen sich Tausende auf dem Altstädter Ring, wo das Spiel auf Großleinwand übertragen wurde, in die Arme.

Noch in der Vorrunde hatten selbst Jagr nach dem 2:3 gegen Norwegen Zweifel beschlichen, verbittert schimpfte er auf die vielen Absagen aus der NHL. Auch die Fachwelt hatte Tschechien nicht auf der Rechnung. Für das All-Star-Team der WM wurde kein einziger Tscheche nominiert.

Das deutsche Team hatte zuvor das kleine Finale 1:3 gegen Schweden verloren, aber auch ohne Medaille die Herzen gewonnen: Mit dem besten Turnier seit Olympiabronze 1976 beeindruckte die Mannschaft mächtig. »In meinem Herzen haben sie die Goldmedaille gewonnen«, sagte Erich Kühnhackl, der 1976 zum Team gehörte. Nur 20 Stunden nach dem grandiosen, am Ende aber 1:2 verlorenen Auftritt im Halbfinale gegen Russland stieg bereits der Kampf um Bronze. Dort musste das deutsche Team früh einem Rückstand hinterherlaufen. Magnus Pääjärvi Svensson überwand nach drei Minuten Dennis Endras. Alexander Barta (37.) glich aus, doch Jonas Andersson (44.) traf dann aus spitzem Winkel. Mit einem Schuss ins leere Tor (60.) verhalf Andersson Schweden nach der Penalty-Pleite gegen Tschechien im Halbfinale zum dritten Platz.

Für die deutschen Spieler war die Niederlage eine herbe Enttäuschung. »Der Schock, dass wir hier verloren haben, sitzt tief. Wir wissen, dass die Chance, die wir hier hatten, vielleicht nicht wiederkommt«, sagte Endras. Kapitän Marcel Goc meinte mit Blick auf 1:2 im Halbfinale: »Wir waren beide Male so knapp dran. Darum ist es so bitter, dass wir es nicht geschafft haben.« Sven Felski, der sein letztes Länderspiel bestritt, nannte den Kräfteverschleiß als wichtigen Faktor: »Ich denke, dass wir gestern viele Körner gelassen haben«, meinte der Berliner.

Nach dem stärksten WM-Abschneiden seit Platz zwei 1953 will der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) möglichst schnell versuchen, Bundestrainer Uwe Krupp zur Vertragsverlängerung zu bewegen. Krupp meinte: »Ich glaube, es ist besser, das erstmal sacken zu lassen, mal paar ein paar Tage vergehen zu lassen und ein paar Mal darüber zu schlafen.«

Torhüter Dennis Endras ist als erster Deutscher zum besten Spieler bei einer WM gekürt worden. Der Eishockey-Weltverband IIHF bestimmte den 24-jährigen Augsburger zum »wertvollsten Spieler« und zum besten Torhüter des Turniers. Die Journalisten wählten Endras zudem ebenso wie Verteidiger Christian Ehrhoff in das WM-All-Star-Team. Zuletzt waren 1987 mit Udo Kießling und Gerd Truntschka deutsche Spieler im All-Star-Team dabei.

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