Großbritannien zeigt sich kriegsmüde

Fox plädiert für schnellen Abzug / Taliban greifen NATO-Stützpunkt in Afghanistan an

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Taliban demonstrieren in Afghanistan weiter Stärke. Am Samstag beschossen sie den wichtigsten NATO-Stützpunkt im Lande bei Kandahar. Der neue britische Verteidigungsminister Liam Fox sprach sich für einen schnellen Rückzug aus. Eine für den 29. Mai geplante Friedensdschirga in Afghanistan ist unterdessen auf den 2. Juni verschoben worden.

Kabul (Agenturen/ND). Der Afghanistan-Einsatz fordert weiter Tribut. Der Chef der britischen Bombenentschärfer, Oberst Bob Seddon, kündigte seinen Rückzug für den Januar an, wie das Verteidigungsministerium in London mitteilte. Seddon sagte dem Rundfunksender BBC am Montag, er sei besorgt über die geringe Anzahl von Bombenentschärfern in Afghanistan, die zudem enormem Druck ausgesetzt seien. »Ich bin sehr in Sorge, dass einige meiner Leute, die eine unglaublich schwierige und gefährliche Arbeit in Afghanistan verrichten, einen hohen psychologischen Preis (...) zahlen könnten«, fügte Seddon hinzu.

Der neue Verteidigungsminister Liam Fox erklärte, er werde alles tun, um die Gefahren für die britischen Soldaten durch Sprengsätze in Afghanistan zu verringern. Fox hatte am Samstag gemeinsam mit dem neuen britischen Außenminister William Hague die in Afghanistan stationierten Briten besucht. Dabei sprach er sich für einen schnellen Rückzug aus. Mit rund 10 000 Soldaten stellt Großbritannien das zweitgrößte Truppenkontingent nach den USA, die dort 130 000 Soldaten im Einsatz haben.

Ganz anderer Auffassung ist der deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Er hat erneut drastisch vor einem überhasteten Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan gewarnt. »Wenn Afghanistan fällt, kann auch Pakistan fallen – ein Land, das im Besitz von Atomwaffen ist. Ich hätte sehr ungern Atomwaffen in den Händen von Terroristen«, sagte er dem »Hamburger Abendblatt«.

Die Bundeswehr rechnet wegen der neuen Afghanistan-Strategie mit mehr traumatisierten Soldaten. Das gehe aus einem Bericht des Verteidigungsministeriums an den Bundestags-Verteidigungsausschuss hervor, berichtet der »Kölner Stadt-Anzeiger«.

Unterdessen haben die Taliban als Zeichen ihres ungebrochenen Willens zum Kampf gegen die internationalen Truppen am Samstag den wichtigsten NATO-Stützpunkt Afghanistans bei Kandahar. beschossen. Wie die NATO-Truppe ISAF mitteilte, wurden fünf Raketen abgefeuert, mehrere Menschen wurden verletzt. Gleichzeitig mit dem Raketenangriff versuchten Rebellen, von der Nordseite in den Stützpunkt einzudringen, wo rund 23 000 Männer und Frauen untergebracht sind. Die Angreifer seien zurückgedrängt worden, hieß es in der ISAF-Erklärung. Mehrere Soldaten und Zivilisten auf dem Stützpunkt wurden verletzt.

Taliban-Sprecher Jussuf Ahmadi sagte der Nachrichtenagentur AFP per Telefon, seine Gruppe stehe hinter den Angriffen. Der Beschuss habe »massiven Schaden« angerichtet, 13 Soldaten seien getötet worden. Der Beschuss zeigt, dass die Taliban trotz einer gegen sie geführten Offensive im Raum Kandahar nicht zurückgedrängt sind Am Dienstag war ein Selbstmordanschlag in Kabul verübt worden, am Mittwoch attackierten die Aufständischen den Flughafen von Bagram. Dabei wurde ein US-Zivilist getötet.

Die für den 29. Mai angesetzte Friedensdschirga wurde auf den 2. Juni verschoben. Präsident Hamid Karsai hatte sie einberufen, um den Prozess der »nationalen Versöhnung« voranzutreiben.

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