Linke Buchtage

Debatten über Kommunismus

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.

Debatten über den Kommunismus scheinen gerade angesagt zu sein. In Berlin tagte am Wochenende ein mit bekannten Intellektuellen bestückter Kommunismuskongress in der Berliner Volksbühne. Auch im linken Initiativenzentrum Mehringhof wurde am Freitagabend über den Kommunismus diskutiert. Die Veranstaltung fand im Rahmen der Linken Buchtage statt, die nun zum achten Mal in Berlin vor allem theoretisch interessierte junge Leute anlockten. Neben Buchvorstellungen gab es zudem viele Podiumsdiskussionen.

»Wie heute über den Kommunismus reden?« lautete das Motto. Der Kulturwissenschaftler Robert Zwarg von der linken Leipziger Zeitschrift »Phase 2« sprach sich für einen Kommunismusbegriff aus, der auch das Glück der Individuen mit einschließt. Felicita Reuschling, ebenfalls Autorin der »Phase 2«, zeigte am Beispiel des politischen Wirkens der russischen Kommunistin und Feministin Alexandra Kollontai den wichtigen Beitrag, den die Oktoberrevolution für die Frauenemanzipation leistete. Mit der Stalinisierung sei auch hier der Rückschlag gekommen. Allerdings kritisierte Reuschling, Kollontai habe von Marx die Geringschätzung der Hausfrauenarbeit übernommen. Eine Referentin der linken Berliner Gruppe paeris stellte die Frage nach der Funktion der Infrastruktur und die Produktion im Kommunismus.

Einmal im Monat diskutiert eine Gruppe von Menschen in Berlin diese Fragen, die auch dabei helfen sollen, eine andere Gesellschaft wieder vorstellbar zu machen. In die Diskussion sollen verstärkt Aktivisten sozialer Bewegungen einbezogen werden. Ihre Themen waren auf der linken Buchmesse gut vertreten.

Joachim Bischoff und Richard Detje von der Zeitschrift »Sozialismus« sehen in der aktuellen Krise eine politische und wirtschaftliche Weichenstellung für die Zukunft. Die Zunahme prekärer Arbeits- und Lebensbedingungen verschlechtere eher die Kampfbedingungen für die Betroffenen. Doch die Autoren halten auch eine andere Entwicklung für möglich: »Bei dem erreichten Stand von Überschussproduktion und Produktivitätsentwicklung sind armutsfeste Einkommen und Zeitwohlstand ebenso denkbar wie die Nutzbarmachung arbeitsorganisatorisch-technischer Potenziale und die selbstbewusste Einbringung subjektiver Kreativität.« Da stellt sich indes die Frage, wo die Bewegung ist, die diese Reformen durchsetzen kann. Vielleicht kann eine neue Marx-Lektüre nachhelfen, die der Berliner Ökonom Michael Heinrich auf einer gut besuchten Veranstaltung präsentierte. Auch der Stadtsoziologe Andrej Holm, der im Unrast-Verlag ein Buch zum Widerstand gegen die Gentrifizierung veröffentlichte, fand großes Interesse.

Viel Raum nahm auf den Linken Buchtagen Bücher zu ideologiekritischen Themen ein. Dabei geriet eine Vorstellung des Buches »Sex, Djihad und Despotie« von Thomas Maul zu einem Austausch antiislamischer Ressentiments. Der Referent führte nach einer kurzen Buchvorstellung einen Rundumschlag gegen den Islam und seine vermeintlichen Freunde in der linken und feministischen Bewegung aus. Ein Teilnehmer verstieg sich – von dieser islamischen Weltverschwörungstheorie ermutigt – unwidersprochen zu der Aussage, man müsse auch sagen dürfen, dass man die Moslems hasst.

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