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Der Abschied vom linken Gipfelhopping

Eine »taz«-Diskussion über die G8-Proteste

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Tod des 23jährigen Globalisierungskritikers Carlo Giuliani bei Protesten gegen den G8-Gipfel am 20. Juli 2010 in Genua hat europaweit Protest ausgelöst. Ebenso die Verhaftung hunderter Globalisierungskritiker, die in italienischen Polizeiwachen und Kasernen gedemütigt, geschlagen und sogar gefoltert wurden.

Neun Jahre später hat die »tageszeitung« (taz) zu einer Podiumsdiskussion geladen. Thema: Was ist aus den Gipfelspektakeln geworden? Dass die Proteste mit Genua nicht zu Ende gingen, zeigte sich an den Podiumsteilnehmern: Fast alle wurden durch die damaligen Ereignisse politisch geprägt und engagierten sich später u. a. in der Klimabewegung.

Der Journalist Matthias Monroy sieht die Gipfelproteste nicht als gescheitert an. Man müsse sich nur von den Vorstellungen eines Gipfelhopping verabschieden, bei dem Globalisierungskritiker, zumeist aus Westeuropa und den USA, zu Protesten rund um den Globus jetten. Für linke Gruppen vor Ort seien Gipfelproteste in ihrem Land oft über den Gipfelevent hinaus mobilisierend.

So betonten Aktivisten, dass das beim G8-Gipfel von Heiligendamm 2007 erprobte Blockadekonzept im Februar 2010 bei der Verhinderung des Naziaufmarsches in Dresden erfolgreich angewandt wurde. Das von Tadzio Müller vorgestellte Aktionskonzept für den Widerstand gegen den Castortransport ins Wendland orientiert sich ebenfalls an Aktionsformen der Globalisierungskritiker. Mit einer Aktion des zivilen Ungehorsams sollen die Gleise unpassierbar gemacht werden, auf denen der Castor im November ins Zwischenlager rollen soll. Müller sieht gute Chancen, auch Aktivisten aus Umweltgruppen und Nichtregierungsorganisationen für das Konzept zu gewinnen. Denn die von der Bundesregierung geplante Aufkündigung des rot-grünen Atomkompromisses fördere die Aktionsbereitschaft bei Menschen, die die AKW-Frage bei den Grünen in guten Händen wähnten.

Aus dem Publikum kamen dazu Einwände. Aktionen des zivilen Ungehorsams bedürfen einer gründlichen Vorbereitung, damit die Beteiligten wissen, auf was sie sich einlassen, so ein Aktivist. Unbeantwortet blieb die Frage, ob Aktionsformen aus der globalisierungskritischen Bewegung bei sozialen Protesten Anwendung finden könnten. Dabei wurde an die europäischen Krisenprotesttag am 29. September erinnert, zu dem Attac und andere Gruppen Aktionen des zivilen Ungehorsams planen. Und auch die Gewerkschaften haben mittlerweile Flashmobs für sich entdeckt, die einmal im Umfeld der globalisierungskritischen Bewegung entstanden sind.

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