Mehr Rechte für unverheiratete Väter

Bundesverfassungsgericht: Gemeinsames Sorgerecht auch gegen den Willen der Mutter

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Karlsruher Richter haben am Dienstag den Anspruch lediger Väter auf das gemeinsame Sorgerecht gestärkt – und kippten damit das bislang geltende Veto-Recht der Mütter.

Unverheiratete Mütter, die ihr Kind vom Vater fernhalten wollen, haben es zukünftig schwer. Denn der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts kassierte am Dienstag das bestehende Veto-Recht der Mütter. Damit folgte Karlsruhe dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom Dezember 2009. Schon die Europa-Richter hatten das deutsche Kindschaftsrecht gerügt, weil es ledige Mütter gegenüber den Vätern bevorzuge. Der grundsätzliche Ausschluss einer gerichtlichen Überprüfung des alleinigen Sorgerechts für die Mutter sei im Hinblick auf das Kindeswohl nicht verhältnismäßig, so der Gerichtshof. Die deutschen Verfassungsrichter sehen in den entsprechenden Regelungen einen Verstoß gegen das grundgesetzlich geschützte Elternrecht des Vaters. Bislang konnte der Erzeuger vom Sorgerecht für das gemeinsame Kind ausgeschlossen werden, wenn die Mutter das wünschte. Von nun an können Familiengerichte das gemeinsame Sorgerecht anordnen, wenn das dem Kindeswohl entspricht. Bis bis eine gesetzliche Neuregelung in Kraft tritt, kann auf Antrag eines Elternteils den Eltern gemeinsam oder teilweise die elterliche Sorge übertragen werden.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) begrüßte das Urteil und kündigte an, die Rechte lediger Väter mit einer Gesetzesänderung verbessern zu wollen. Der entsprechende Entwurf soll bereits im Herbst vorliegen. Die Ministerin betonte am Dienstag, dass man in ihrem Ressort schon kurz nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes mit den Arbeiten an einer Neuregelung des Sorgerechts begonnen habe. Jetzt gehe es darum, alle Überlegungen zusammenzuführen und »in die Feinausgestaltung einzutreten«. Die Ressortleiterin erklärte: »Wir wollen ein modernes Sorgerecht, das die gesellschaftlichen Realitäten widerspiegelt und auch das Elternrecht des ledigen Vaters mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang bringt.« Doch offenbar droht Ärger mit dem Koalitionspartner. So kam die heftigste Kritik am Karlsruher Urteil von der CSU-Familienpolitikerin Dorothee Bär. Die praktizierende Katholikin fürchtet um den »Wert der Ehe«. Durch die Rechtsprechung der jüngsten Zeit werde die »Institution Ehe« immer mehr ausgehöhlt, kritisierte die Bundestagsabgeordnete in der Münchner Tageszeitung »tz«. »Meine Sorge ist, dass als einziger Vorteil der Ehe – neben dem immateriellen Wert – am Ende nur noch der steuerliche übrig bleibt«, so Bär.

Dagegen zeigte sich SPD-Vize Olaf Scholz zufrieden mit dem Urteil: »Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ist der rechtspolitische Fortschritt nicht mehr aufhaltbar«. Weniger zufrieden war Irina Kroeske vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter. Gegenüber der Nachrichtenagentur epd betonte sie, dass viele nicht eheliche Väter kein Interesse an ihrem Kind hätten und deshalb kein unmittelbares Sorgerecht erhalten sollten. Das bislang geltende Umgangsrecht sichere längst ab, dass jeder Vater Kontakt zu seinem Kind haben könne.

Die Interessenvertreter der Väter hatten sich offenbar mehr erhofft. So monierte Nikolai Webel vom Väteraufbruch, dass die Position der Väter durch das Urteil nicht wesentlich gestärkt werde. Allerdings könnten die Betroffenen nun für ihr Sorgerecht vor Gericht gehen. Das werde zu einer Prozessflut führen, mutmaßte Webel.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal