Kippen LINKE bei CCS um?

  • Lesedauer: 3 Min.
Thomas Domres ist Wirtschaftsexperte der Linksfraktion im Landtag.
Thomas Domres ist Wirtschaftsexperte der Linksfraktion im Landtag.

ND: Der CDU-Bundestagsabgeordnete Hans-Georg von der Marwitz warf den LINKEN vor, dass diese beim Thema CO2-Verpressung nach der CCS-Technologie umkippen. Stimmt das?
Donres: Ach, dass wünscht sich Herr von der Marwitz vielleicht, aber es stimmt natürlich nicht. Herr von der Marwitz vermittelt den Eindruck, ein CCS-Gesetz sei nicht notwendig. Dies ist jedoch falsch. Deutschland ist gezwungen, bis spätestens Juni 2011 eine entsprechende EU-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Außerdem verschweigt der CDU-Abgeordnete absichtsvoll, dass es der Atomlobby hilft, wenn kein CCS-Gesetz beschlossen wird. Die Gefahr besteht, dass dieses Thema zur Verhandlungsmasse bei der beabsichtigten Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke wird.

Wozu benötigen wir CCS?
CCS wird industriepolitisch an Bedeutung gewinnen, zum Beispiel um einen Weg zur Reduzierung von Industrieabgasen zu finden. Das gilt beispielsweise für CO2, das bei der Stahlerzeugung oder Zementherstellung entsteht. In anderen Teilen der Welt kann CCS durchaus auch eine Option in der Energiewirtschaft sein. Aktuell geht es darum, Vertrauen aufzubauen und glaubwürdig mit den Risiken und Nebenwirkungen umzugehen. Nur so kann Akzeptanz bei den Bürgern erreicht werden.

Die Anwohner fürchten die Gefahren der Verpressung und lehnen sie strikt ab. Wie wollen Sie da für Zustimmung sorgen?
In der Koalitionsvereinbarung steht, die Speicherung von CO2 müsse so erfolgen, dass Menschen und ihr Eigentum nicht gefährdet, die Lebensgrundlagen von Pflanzen und Tieren nicht beeinträchtigt werden. Wenn sich bei einer Erkundung der geologischen Formation herausstellt, dass eine Verpressung nicht sicher ist, dann findet sie nicht statt. Das haben sowohl das Landesbergamt als auch der Wirtschaftsminister mehrfach erklärt.

Sie persönlich haben einst das Volksbegehren gegen neue Tagebaue unterschrieben. Jetzt plädieren Sie für die CCS-Technologie, die als Voraussetzung einer weiteren Braunkohleverstromung gilt. Warum sind Sie umgekippt?
Ich bin nicht umgekippt – wie kommen Sie darauf? Ich halte den Ausstieg, für den sich die LINKE in ihrem Landtagswahlprogramm aussprach, weiterhin für richtig. Wir müssen akzeptieren, dass es in der SPD andere Positionen gibt und haben mit der Koalitionsvereinbarung einen Kompromiss gefunden, der es uns ermöglicht, den Dialog über die künftige Energiepolitik fortzuführen. Wir mussten auch zur Kenntnis nehmen, dass es für die Ziele der Volksinitiative weder parlamentarische Mehrheiten noch eine Mehrheit in der Bevölkerung gibt. Also haben wir einen Kompromiss gefunden. Die Einigung im Koalitionsvertrag beschreibt nach meiner Interpretation, wie es gelingen kann, den Ausstieg bis 2040 zu schaffen.

Die SPD sieht das wohl anders?
Das weiß ich nicht. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass Sozialdemokraten glauben, dass noch in 150 Jahren Kohlestrom erzeugt werden kann. Im Gegenteil: ich höre inzwischen sogar vermehrt kritische Stimmen in der SPD, die sogar ein Ausstiegsdatum im Jahr 2035 für machbar halten. Ob es realistisch ist, wird sich zeigen.

Interview: Andreas Fritsche

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