Werbung für einen Ladenhüter – Bundeswehr preist »Eurofighter« an

EADS will seinen Militärjet los werden. Leistet die deutsche Luftwaffe Beihilfe zum Betrug?

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Bundeswehr wird kleiner und man sollte meinen, dass weniger Soldaten auch weniger Waffen, Gerät und Ausrüstung brauchen. Doch über den Bereich Rüstung und Beschaffung wird in der Vorlage des Generalinspekteurs zur Bundesreform kein Wort verloren.
Polit-Pilot zu Guttenberg und der »Eurofighter«.
Polit-Pilot zu Guttenberg und der »Eurofighter«.

Da hat man vor rund 25 Jahren einen Rasenmäher bestellt und er wird jetzt, da das Areal längst betoniert ist, geliefert. Irgendwie sinnlos. Und nun multipliziere man die Bestellung mit 180 und ersetze den Rasenmäher durch »Eurofighter«. So etwa ist die Beschaffungssituation des Verteidigungsministeriums, nachdem sich die Macht des »Warschauer Pakts« im Nichts aufgelöst hat. Und obwohl man dem Hersteller des »Rasenmähers« inzwischen abverlangt, dass sein Produkt in der dritten Tranche auch vertikutieren kann, macht die Abnahme keinen Sinn.

Doch Vertrag ist Vertrag. 180 Maschinen hat Deutschland beim Hersteller EADS geordert. Bislang. Und so muss der Steuerzahler nicht nur pro Maschine um die 57 Millionen Euro (Tranche 1) auf den Tisch legen. Er muss auch noch pro Flugstunde 73 992 Euro berappen. Im Jahr 2009 wurden allein im Jagdgeschwader 74 – das logiert in Neuburg an der Donau – 1604 Stunden mit dem dort neu einzuführenden Waffensystem »Eurofighter« geflogen. Pro Jahr erhält die Luftwaffe rund 14 neue Maschinen. Und jede Maschine brauch pro Flugstunde rund 11 000 Kilogramm Treibstoff. Experten können daraus sicher den Ausstoß an umweltschädlichen Verbrennungsgasen und deren Folgeschäden quantifizieren.

Aber Verträge lassen sich ändern. Auch im »betonierten« Italien hat man erkannt, dass man keine »Rasenmäher« braucht. Kurzerhand bestellte man die dritte Tranche des »Eurofighter« ab. Aktuelle Einsparung: Zwei Milliarden. Eine Hochrechnung auf die Jahre würde die einbehaltene Steuersumme gewaltig steigern. Doch für Deutschland ist ein solcher Weg etwas komplizierter, schließlich hat die Kanzlerin selbst ihren damaligen britischen Kollegen Gordon Brown vor gut einem Jahr im Vier-Augen-Gespräch überzeugt, die Eurofighter wie geplant weiter abzunehmen. Das vierte Land, dass an der EADS-Gemeinschaftsproduktion beteiligt ist, hält noch zur Stange. Aber auch in Spanien fragt man sich, was man mit 100 Düsenmaschinen soll.

Das Problem von EADS ist aber gerade die Stückzahl. Man hatte große Exporterwartungen, die bislang bitter enttäuscht wurden. Neben den Herstellerländern Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien fliegt der Jet nur noch in Saudi-Arabien und Österreich. Dass es beim Verkauf der Export-Flugzeuge durchaus nicht gesetzestreu zugegangen ist, zeigt sich nun in Österreich. Der Nationalratsabgeordnete der Grünen Peter Pilz hat nachgerechnet, weil die Regierung in Wien die Veröffentlichung des Kaufvertrages verweigert. Offiziell kostete ein österreichischer »Eurofighter« – laut Verteidigungsminister Darabos – auch 57 Millionen Euro. Pilz weiß jedoch von speziellen Verhandlungen am 14. April 2003. Dabei wurde das »Kostenprofil« vereinbart und dem Kaufvertrag zugrunde gelegt. Stückpreis: 76 173 490,63 Euro. Da sind noch kein Radar und andere elektronische Geräte dabei, die den Vogel erst einsatzfähig machen. Man muss also noch mindestens 5 614 920,09 Euro hinzuzurechnen und kommt auf einen Realpreis von 81 787 410,72 Euro. Wie kommt der Aufschlag um rund 30 Prozent zustande, fragt sich Pilz, der zudem weiß, dass Österreich für seien 15 Jets die Ersatzteile teurer bezahlen muss als die Deutsche Luftwaffe die ihrigen.

Irgendwie, so scheint es, hat EADS da Österreich über den Tisch gezogen und jemand hat einem privaten Vorteil daraus. Was man der deutschen Regierung unschwer anlasten kann. Oder doch? Als Österreich bestellen wollte, hatte EADS ein Problem. Der größte Rüstungskonzern Europas konnte nicht so rasch liefern. Also stellte die deutsche Luftwaffe einige ihrer gebrauchten (!) Jets ab, um den so dringend benötigten Exportauftrag zum Neupreis zu sichern. Nicht nur der Abgeordnete Pilz wittert da »organisierten Betrug und Milliardenkorruption«. Zudem können sich Luftfahrtexperten kaum vorstellen, dass das Eurofighter-Geschäft, das zwischen Großbritannien und Saudi-Arabien gelaufen ist, sauberer gewesen sein sollte.

Auf der EADS-Eroberungsliste steht nun Indien ganz oben. Und wieder ist die Bundeswehr dabei. Sie schickte drei ihrer Eurofighter zur Luftshow nach Bangalore, um für den Export der Maschine zu werben. Dieser »Ausflug« kostete um die neun Millionen Euro. Angesichts solcher Gefälligkeiten kann man nur lachen über Warnungen, laut denen Verteidigungsminister Guttenberg die Bundeswehr kaputt spart.

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