Neue rechtspopulistische Partei

René Stadtkewitz will nach CDU-Rauswurf mit Gruppierung »Die Freiheit« zur Wahl 2011 antreten

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Ansturm ist enorm. Mehrere Kamerateams, Korrespondenten, unter ihnen viele aus den Niederlanden, sowie Dutzende Reporter drängten sich gestern zur Pressekonferenz des ehemaligen CDU-Abgeordneten René Stadtkewitz in einen Hinterraum eines italienischen Restaurants. Sie waren gekommen, um die Ankündigung Stadtkewitz' für eine neue Partei namens »Die Freiheit« zu verfolgen. Ursprünglich wollte Stadtkewitz, der am Dienstag endgültig aus der CDU-Fraktion geflogen war, den Pressetermin im Abgeordnetenhaus abhalten. Doch der Raum war ihm kurzfristig gekündigt worden.

»Wir rufen die Gründung einer neuen Partei aus: Die Freiheit«, erklärte René Stadtkewitz. Mit ihm saßen zwei Mitstreiter auf dem Podium, ein weiterer ehemaliger CDU-Rechtsaußen namens Marc Doll sowie Aaron König, früher Mitglied der Piratenpartei. Unter der Ägide der drei Gründungsmitglieder will sich die Freiheitspartei in den kommenden Monaten konstituieren, um bei den Abgeordnetenhauswahlen 2011 die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. »Über 1000 Unterstützer-E-Mails« habe er bereits für diesen Schritt erhalten, erklärte Stadtkewitz. Tatsächlich gibt es in antiislamischen Internetforen große Zustimmung für eine neue Partei jenseits der CDU.

Eine Zusammenarbeit mit der ebenfalls in Berlin aktiven extrem rechten Partei Pro Deutschland schloss René Stadtkewitz gestern aber erneut aus: »Wir werden verschlossen sein für jeden Extremisten von rechts oder links.« Um zu verhindern, dass trotzdem Rechtsextreme eintreten, soll in den Aufnahmeanträgen Anti-Extremismusklauseln verankert werden.

Inhaltlich skizzierte das Dreigestirn eine klassische rechtspopulistische Partei, wie sie aus anderen westeuropäischen Staaten und Skandinavien bekannt ist: Neben dem islamfeindlichen Schwerpunkt also vor allem autoritäre Law-and-Order Vorstellungen, platten Anti-Establishment-Populismus, Instrumentalisierung von Volksentscheiden sowie strikt neoliberale Wirtschaftsvorstellungen. Mit dieser Mischung will die Freiheitspartei sowohl bei CDU- als auch FDP-Wählern, aber sicher auch im extrem rechten Milieu auf Stimmenfang gehen. Hoffnung setzen Stadtkewitz und Co. zudem auf Politikverdrossene.

Aber ob allein schon das inhaltliche Kopieren von Parteiprogrammen und Namen ausreicht? Charismatische Populisten wie Jörg Haider oder Geert Wilders, dessen Einladung durch Stadtkewitz für den 2. Oktober nach Berlin den Rauswurf aus der CDU-Fraktion auslöste, hat die Berliner Freiheitspartei jedenfalls nicht vorzuweisen. Andeutungen, Ex-Bundesvorstand Thilo Sarrazin könnte sich für die Freiheitspartei engagieren, erwiesen sich gestern einmal mehr als Chimäre. »Wir müssen akzeptieren, dass Sarrazin seine politische Karriere als beendet ansieht«, so Stadtkewitz.

Erstaunlich differenziert und ungewohnt moderat äußerten sich die Vertreter der Freiheitspartei gestern zum Islam. Doch langjährige Beobachter der islamfeindlichen Gruppierung »Pax Europa«, deren Landesvorsitzender Stadtkewitz ebenfalls ist, glauben, dass diese neuen Töne nur taktischer Natur sind. »Pax Europa ruft für Ende Oktober zu einer Demonstration gegen die Scharia in Amsterdam auf«, erzählte Ulli Jentsch vom Antifaschistischen Pressearchiv (Apabiz). In dem europäischen Netzwerk der »Anti-Djihad-Bewegung« ist »Pax Europa« expliziter Bestandteil, so Jentsch. In diesem anti-muslimischen Netzwerk sind auch Mitglieder von FPÖ und Lega Nord vertreten, von denen sich die Freiheitspartei angeblich abgrenzen will.

Auch der Verein für Demokratische Kultur (VDK), der Kommunalpolitiker in Berlin berät, sieht die Freiheitspartei als problematisch an. »Da wird etwas gemacht, was auch für Rechtsextremisten typisch ist: Soziale Probleme werden kulturalisiert und einer konstruierten Unterschicht angehängt«, erläutert Mathias Wörsching vom VDK. »Einer ganzen Bevölkerungsgruppe wird so ein Stempel aufgedrückt.« Nicht nur deshalb will sich der VDK kritisch mit dem Programm der Freiheitspartei auseinandersetzen – genau wie mit dem von Pro Deutschland und der NPD auch.

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