Montagsdemo für den Domprediger

Magdeburg: Morgen Entscheid über Ablösung

  • Hendrik Lasch, Magdeburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Wegen tiefer Konflikte in Magdeburgs Domgemeinde will die Evangelische Landeskirche morgen entscheiden, ob Domprediger Giselher Quast im Amt bleiben kann. Über Gründe für die Querelen hüllt man sich in Schweigen.

Es war eine symbolträchtige Veranstaltung: Ausgerechnet am Montagabend gab es am Magdeburger Dom eine Demo. 350 Teilnehmer wurden gezählt, eine Menschenkette gebildet, Plakate hochgehalten. Auf diesen wurde freilich nicht Reisefreiheit oder der Rücktritt von Politikern gefordert wie 1989. Zu lesen waren stattdessen biblische Anspielungen, so etwa: »Stoppt die Kreuzigung von Giselher Quast!«

Die Parallele ist pikant, schließlich ist Quast ein Kirchenmann: Er ist seit 1979 Domprediger. Als es vor 21 Jahren auch in Magdeburg zu Montagsgebeten und -demos kam, war Quast maßgeblicher Organisator, was ihm überregionale Bekanntheit eintrug.

Ans Kreuz nageln, wie es am Montag der Demonstrant empfand, will man Quast nicht – womöglich aber von seinem Amt ablösen. Das es solche Bestrebungen gibt, wurde unlängst durch Briefe im Internet bekannt; deutlich wurde dabei auch, dass sie seit geraumer Zeit betrieben werden und die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands (EKM) bereits viel Zeit und Mühe gekostet haben. Kaum erhellen können auch aktuelle Äußerungen verschiedener Beteiligter indes, worum es geht.

Die Kirchenleitung wiederholt auf Nachfrage auch des ND gebetsmühlenhaft, es gebe seit Langem Konflikte zwischen dem Gemeindekirchenrat, also der Vertretung der 1100 Gemeindemitglieder, und Quast. Dabei gehe es um die Amtsführung sowie »unterschiedliche Auffassungen zur künftigen Ausrichtung«, sagt Sprecher Friedemann Kahl. Genaueres könne man als Arbeitgeber wegen des laufenden Verfahrens nicht sagen. Im Kirchenrat heißt es nur, man habe Stillschweigen vereinbart.

Ein wenig zu erhellen versuchte die sybillinischen Verlautbarungen ein Bericht in der »Magdeburger Volksstimme«. Demnach gibt es in der Gemeinde unter anderem Querelen darüber, wie man des Besucheransturms im Dom Herr wird: 80 000 Menschen wollen das 800 Jahre alte Gotteshaus, das der erste gotische Dom auf deutschem Boden war und das Grab von Kaiser Otto I. beherbergt, im Jahr besuchen. Angeblich gibt es Bestrebungen, im Interesse einer besseren Vermarktung eine Gesellschaft zu gründen. Quast hält davon offenbar wenig und bekommt vorgehalten, den Dom »wie eine Dorfkirche zu DDR-Zeiten zu führen«.

Angedeutet werden auch weitere Gründe für Zerwürfnisse. Der charismatische, aber auch eigensinnige Quast fürchte demnach im Fall, dass die Gesellschaft einen eigenen Geschäftsführer erhält, um seinen Einfluss. Unterstützt wird er in der ablehnenden Haltung womöglich von alteingesessenen Gemeindemitgliedern; jedenfalls ist auch von einem Ost-West-Konflikt mit zugezogenen Mitgliedern die Rede.

Bereits 2008 wurde per Mediation versucht, die Zerwürfnisse zu glätten – ohne Erfolg. Im Mai folgte eine »außerordentliche Visitation« durch die EKM, bei der alle Beteiligten gehört wurden. Am Dienstag wurde deren Bericht im EKM-Kollegium beraten, das erneut Gesprächsbedarf hatte. Morgen fällt eine Entscheidung, sagt Kahl – bevor am Montag womöglich erneut demonstriert wird.

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