Taliban klopften bei Kabuler Regierung an

NATO begann mit Operation »Dragon Strike«

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Die oppositionellen Taliban haben Kontakt mit der afghanischen Regierung aufgenommen. Was hinter der Kontaktaufnahme steckt, ist noch unklar. Derweil eröffnete die NATO eine neue Offensive in der Taliban-Hochburg Kandahar.

»Hochrangige Taliban-Führer haben versucht, Kontakt mit den höchsten Kreisen der afghanischen Regierung aufzunehmen, und es ist ihnen gelungen«, sagte NATO-Kommandeur und ISAF-Chef David Petraeus. Ein Sprecher des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai bestätigte der »New York Times« vom Montag ebenfalls, dass es Kontakte auf verschiedensten Ebenen gab, schwächte deren Bedeutung allerdings ab, denn »es haben keine formellen Gespräche oder Verhandlungen begonnen«.

Karsai hatte Taliban-Chef Mullah Mohammed Omar vor rund zwei Wochen zu Friedensverhandlungen aufgerufen. Während seiner Rede zum Ende des Ramadan forderte der afghanische Präsident seinen wichtigsten Gegenspieler auf, die Kämpfe zu beenden und an Friedensverhandlungen teilzunehmen.

Die Taliban haben bisher immer den Abzug der ausländischen Truppen als Vorbedingung für Gespräche genannt. Die afghanische Regierung und die USA wiederum fordern von den Taliban für einen möglichen Friedensschluss unter anderem einen Gewaltverzicht und ein Ende der Verbindungen zum Terrornetzwerk Al Qaida.

Derzeit sind – fernab aller Beschlüsse der Londoner Afghanistan-Konferenz – zahlreiche Unterhändler beider Seiten unterwegs, um Möglichkeiten für Gespräche auszuloten. Die Visionen reichen dabei von einer Regierung der nationalen Einheit bis zu Plänen der Teilung Afghanistans in einen talibanbeherrschten Süden und einen westlich orientierten Norden.

Dabei scheint die Kabuler Regierung durchaus eigene Wege zu gehen. Beispielsweise verbot sie eigenen Militär- und Polizeieinheiten die Teilnahme an ISAF-gemeinsamen Operationen. Insbesondere in Wahlzeiten unterließ man kriegerische Aktivitäten. So fiel vor ein paar Tagen auch die Operation »Weißer Adler« rings um das Bundeswehr-Camp in Kundus aus. Gemeinsamen Operationen sind eigentlich ein Kernpunkt der westlichen Strategie zur zielstrebigen Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanische Seite.

Dieser Tage haben NATO-Truppen und Einheiten der afghanischen Armee eine Offensive namens »Dragon Strike« begonnen. Sie ist ein Prüfstein für die Strategie von US-Präsident Barack Obama, der mit überlegenen Kräften die Taliban aus angestammten Gebieten vertreiben will.

Attackiert werden Ziele bei Kandahar. »Dies ist ein kleiner Einsatz«, betonte der Sprecher des afghanischen Verteidigungsministeriums, Sahir Asimi. »Unser Fokus liegt auf dem Dialog mit den Menschen, auf einer verantwortungsbewussten Regierungsführung und der Entwicklung von Projekten«.

So klein jedoch scheint »Dragon Strike« nicht zu sein. Bei Kandahar sollen 8000 Soldaten im Einsatz sein. Ihr Ziel ist es, die Aufständischen aus den Distrikten Arghan Dab, Zhari and Panjwai zu vertreiben. Zhari ist der Geburtsort von Taliban-Führer Mullah Omar. ISAF-Sprecher und Bundeswehr-General Josef Blotz warnte, man rechne in den kommenden Tagen mit schweren Gefechten. »Wenn das hier erledigt ist, werden die Aufständischen gezwungen sein, die Region zu verlassen oder zu kämpfen und getötet zu werden«, sagte Blotz.

»Die ständigen Offensiven und Militärschläge der NATO destabilisieren die gesamte Region und blockieren einen innerafghanischen Friedensprozess«, kritisiert Paul Schäfer, verteidigungspolitischer Sprecher der Bundestags-Linksfraktion. Mit »Dragon Strike«, so behauptet Schäfer, »hintertreibt die NATO Verhandlungsangebote der Taliban, indem sie weiterhin einseitig auf einen militärischen Sieg setzt«.

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