Rom im Zeichen geballten Protestes

Hunderttausende machten gegen die Wirtschaftspolitik der Berlusconi-Regierung mobil

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 2 Min.
Hunderttausende haben am Wochenende in Rom gegen die Wirtschaftspolitik der italienischen Regierung protestiert. Sie waren einem Aufruf der Metallarbeitergewerkschaft FIOM gefolgt. Die gesamte Demonstration verlief friedlich und das trotz der Unkenrufe des Innenministers, der von »gewalttätigen Banden« gesprochen hatte, die eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen.

Metallarbeiter aus allen Teilen des Landes, aber auch Schüler, Studenten, Migranten und Rentner verwandelten die italienische Hauptstadt am Sonnabend in ein Meer von roten Fahnen und einen Strom von Frauen und Männern, die ihre Rechte einforderten und gegen die desaströse Wirtschaftspolitik der Berlusconi-Regierung protestierten. Sie kamen in 70 Bussen und sieben Sonderzügen aus ganz Italien. Dazu hatte FIOM aufgerufen, die Metallarbeitergewerkschaft der CGIL – die beiden anderen Dachverbände CISL und UIL waren nicht vertreten.

Die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Landes ist verheerend. Die Arbeitslosenzahlen steigen permanent, auch wenn die Regierung versucht, die offiziellen Zahlen zu beschönigen. Überall im Land werden Arbeitnehmer auf Kurzarbeit gesetzt, schließen Betriebe. Vor allem die jungen Menschen finden keine stabile Beschäftigung und müssen sich jahrelang mit Schwarzarbeit, sogenannten Ausbildungsverträgen, befristeten Arbeitsverhältnissen oder Scheinselbstständigkeit zufrieden geben. Wo andere Länder versucht haben, die Entwicklung mit verschiedenen Maßnahmen wieder anzukurbeln, ist in Italien gar nichts passiert – außer dass der Ministerpräsident gebetsmühlenartig wiederholt hat, Italien gehe es gut und »eigentlich« viel besser als allen anderen europäischen Ländern.

Die Arbeitgeber – voran FIAT, das größte Unternehmen im Land – setzen darauf, Rechte der Arbeitnehmer zu beschneiden und geltende Tarifverträge auszuhebeln. Wenn man dem nicht zustimme, so erklärte FIAT-Chef Marchionne, dann werde man die Produktion ins Ausland verlagern. Allein die FIOM hatte sich diesem Versuch widersetzt – und will es weiter tun. FIOM-Generalsekretär Maurizio Landini forderte: »Wir wollen Arbeitsverträge, Arbeitsplätze und die Demokratie verteidigen – angesichts eines der größten Angriffe auf die Rechte der Arbeiter.«

»Ohne Rechte für die Arbeitnehmer kann es keine Entwicklung geben«, erklärte der Sekretär des Dachverbandes CGIL, Guglielmo Epifani. Er sagte klipp und klar: Wenn sich die Regierung nicht schleunigst den Bedürfnissen der Arbeitnehmer annimmt, dann werde man einen Generalstreik aller Beschäftigten ausrufen.

Auf der Piazza San Giovanni in Rom fand man fast das gesamte Spektrum der italienischen Linken wieder. Als Parteien waren Rifondazione Comunista, Sinistra, ecologia e libertà (Linke, Ökologie und Freiheit) von Nichi Vendola, Italien der Werte und viele kleinere Formationen gekommen. Die Demokratische Partei hatte zwar offiziell den Aufruf der FIOM nicht unterzeichnet, war aber mit vielen ihrer Spitzenpolitiker vertreten. Aber auch zahlreiche Organisationen der Zivilgesellschaft waren überzeugt, dass die Demonstration der Metaller auch ihr Bedürfnis nach einer tief gehenden Veränderung der italienischen Gesellschaft ausdrückte. Die Arbeit und die soziale Gerechtigkeit, so der allgemeine Tenor, müssen endlich wieder in den Mittelpunkt der politischen Aktion gerückt werden.

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