Rückendeckung für bedrängten CSU-Chef

Parteitag holte »Leitkultur«-Konzepte aus der Mottenkiste / Überraschend scharfer Angriff auf Grüne

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Der CSU-Parteitag gewährt dem Parteivorsitzenden die erhoffte Unterstützung. Verteidigungsminister zu Guttenberg macht deutlich, dass er derzeit nicht CSU-Chef werden will.

München (dpa/ND). Die CSU hat sich in demonstrativer Solidarität vorerst hinter ihrem bedrängten Parteichef Horst Seehofer versammelt. Beim Münchner Parteitag erhielt Seehofer am Wochenende langen Applaus und Jubel für eine Rede, die viele der gut 800 Delegierten gar nicht übermäßig beeindruckte. Der CSU-Vorsitzende verteidigte sich am Samstag gegen den Hagel der Kritik in den vergangenen Wochen: »Ich bin kein Rechtspopulist.« Der als Seehofer-Nachfolger gehandelte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hielt sich auf dem zweitägigen Treffen in der Münchner Messe bewusst im Hintergrund. Das könne »noch lange dauern«, beantwortete er die Frage, wann er Parteichef werde.

Seehofer verwahrte sich gegen Vorwürfe, am rechten Rand zu fischen. »Wenn das, was ich sage, rechtsradikal ist, sind zwei Drittel in der Bevölkerung rechtsradikal«, sagte der 61 Jahre alte CSU-Chef zu seiner heftig kritisierten Forderung nach einem Zuzugsstopp für Arbeitnehmer aus fremden Kulturkreisen. Der Parteitag stimmte in einem Sieben-Punkte-Plan für schärfere Integrationsanforderungen an Einwanderer. Einwanderer in Deutschland sollen sich vorbehaltlos einfügen und die »Leitkultur« akzeptieren. Der Parteitag schwächte jedoch die ursprüngliche Formulierung ab, Deutschland sei »kein Zuwanderungsland«. Auf Antrag eines Delegierten wurde eingefügt, dass Deutschland kein »klassisches« Zuwanderungsland sei. Absoluten Vorrang vor der Zuwanderung soll die Qualifizierung einheimischer Arbeitsloser haben. Hierzu bekräftigte Seehofer auch, dass die Einführung der Rente mit 67 an bessere Beschäftigungschancen für ältere Arbeitnehmer geknüpft sein soll. Seehofer sieht die Zuwanderungsdebatte als Mittel gegen Rechtsradikalismus. Es gehe darum, alles zu tun, »damit rechts von uns keine demokratisch legitimierte Partei entsteht«.

In bisher ungekannter Schärfe griff Seehofer die Grünen an und erntete Jubel. »Holt die Grünen runter von der hohen Palme der Moral. Sie sind Versager, und wir müssen sie viel stärker stellen als in der Vergangenheit.« Seehofer warf den Grünen Scheinheiligkeit und Blockadehaltung vor, weil sie Zukunftsinvestitionen ablehnten – inklusive Stuttgart 21, neuer Bahnstrecken und Stromnetze.

»Die CSU ist lebendig, sie strotzt vor Kraft, sie hört auf, sich selbst anzuklagen und selbst zu geißeln«, appellierte Seehofer an seine von schlechten Umfragewerten deprimierte Partei. »Deutschland ist die Nummer eins in Europa, und Bayern ist die Nummer eins in Deutschland (...). Ein Stückchen rechne ich mir das auch zu.« Die CSU rangiert in Umfragen um die 40 Prozent. In der Landtags-CSU grassiert die Furcht vor der Verbannung in die Opposition bei den Wahlen 2013. Dies treibt die Debatte über eine Ablösung Seehofers durch Guttenberg an.

Ein Platz in der Parteigeschichte ist dem Münchner Treffen sicher: Die Delegierten brachten eine Rekordzahl von 260 Anträgen ein und diskutierten so leidenschaftlich wie lange nicht. Wichtigste Neuerung ist die Einführung von Mitgliederbefragungen. Damit sind künftig auch Abstimmungen an der Basis über den Parteichef möglich. Auf den größten Widerstand stieß die Frauenquote, die am ersten Tag des Treffens – am Freitag – nach stundenlanger Diskussion knapp akzeptiert wurde.

Kritik kam anschließend vom Koalitionspartner FDP und den Grünen: »Die CSU verschließt die Augen vor der Realität des Einwanderungslandes Deutschland«, sagte Bayerns FDP-Vorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

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