Mélenchon will ins Präsidentenamt

Vorsitzender der Partei der Linken Frankreichs nimmt Kurs auf Wahlen 2012

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Der ehemalige Sozialist und heutige Chef der französischen Partei der Linken Jean-Luc Mélenchon sieht sich bereits als Herausforderer Nicolas Sarkozys bei der Präsidentenwahl 2012. Nicht alle Linkskräfte sind mit dieser frühzeitigen Bewerbung einverstanden.

Jean-Luc Mélenchon wurde am Wochenende in Le Mans auf dem Kongress der Partei der Linken (PdG) als Vorsitzender wiedergewählt. Das überraschte niemanden, schließlich hat er diese Partei 2009 gegründet, ihr von Anfang an seinen Stempel aufgedrückt und ist ihr unermüdlicher Propagandist in Medien und auf Meetings. Da bleibt es nicht aus, dass ihm Kritiker vorwerfen, er habe die Partei ganz seinen persönlichen Ambitionen untergeordnet.

Gegenwärtig ist Mélenchons wichtigstes Ziel, Kandidat möglichst breiter Kräfte links von den Sozialisten bei der Präsidentschaftswahl 2012 zu werden. In diesem Falle hält er ein zweistelliges Wahlergebnis im ersten Wahlgang für durchaus möglich. Dieses Vorpreschen führt jedoch zu Reibereien mit der Kommunistischen Partei (FKP). Die tritt zwar in der französischen Linksfront gemeinsam mit der PdG auf, mit der sie viele Grundpositionen teilt, will sich aber nicht schon jetzt bedingungslos auf einen Präsidentschaftskandidaten Mélenchon festlegen. Während dieser eine Entscheidung über den gemeinsamen Bewerber schon für Anfang 2011 fordert, wollen die Kommunisten damit bis zu ihrem nächsten Parteitag im Juni warten. Die FKP-Führung hat Mélenchon sogar öffentlich dafür kritisiert, dass er den von den Medien erhobenen Vorwurf des »Populismus« nicht zurückgewiesen und widerlegt, sondern sich sogar stolz zum »Linkspopulismus« bekannt hat. Diesen Fehler wird er wohl nicht noch einmal machen, in Le Mans betonte er Journalisten gegenüber, für ihn sei »dieses Thema abgeschlossen«.

Zwar zählt die FKP trotz Verlusten immer noch mindestens zehn mal so viele Mitglieder wie die Partei der Linken. Dort sind offiziell 7000 Mitglieder eingeschrieben. Doch mit dem dynamischen und redegewandten Mélenchon kann sich kein Politiker der FKP messen. Das konnte man auf dem Parteitag in Le Mans wieder einmal anschaulich erleben. Allerdings wurde dort auch die unterschiedliche Bewertung der innenpolitischen Lage in Frankreich deutlich. Mélenchon frohlockte, der jetzt neu aufgerollte Parteifinanzierungsskandal um U-Boote für Pakistan könnte »die Bananenschale sein, auf der das ganze System ausrutscht«. Bei der Affäre geht es um Schmiergelder, die in dem Rüstungsgeschäft von 1994 geflossen sind. Dagegen machte sich FKP-Chef Pierre Laurent als Gastredner Sorgen um die »Beschädigung der Demokratie, wenn nicht die Geheimhaltung aufgehoben und reiner Tisch mit den Vorwürfen gemacht wird«.

Auf dem Abschlussmeeting des Parteitags bezeichnete Mélenchon sich selbst als »Volkstribun« und erklärte: »Ich bin Lärm und Wut, Tumult und Getöse.« In Anspielung auf Dominique Strauss-Kahn, den favorisierten Kandidaten der Sozialisten bei der Präsidentschaftswahl 2012, erklärte Mélenchon selbstbewusst, er könne »das Volk der Franzosen besser führen als der Präsident des Weltwährungsfonds«. Für eine starke und breitere Linksformation sei er bereit, seine Partei aufzulösen und in eine solche Sammlungsbewegung zu führen. Er wolle den »Wettbewerb mit den Sozialisten« und erklärte: »Das Volk wird entscheiden zwischen ihnen und uns.« Die Parteiführung der Sozialisten meide die Diskussion um Themen wie die Zukunft der Rente mit 60, die Bewahrung des öffentlichen Dienstes, die Ablehnung des Lissabon-Vertrags der EU, den Abzug aus Afghanistan, die Schaffung einer 6. Republik oder die Begrenzung der Höchsteinkommen. Mélenchon ist überzeugt, dass die Sozialisten ihre einstigen Ideale aufgegeben haben. Und er warnte alle »konsequenten Linken« vor der »tödlichen Falle der ›nützlichen‹ Wahl für die Sozialisten«.

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