PLATTENBAU

  • Birgit Gärtner
  • Lesedauer: 3 Min.

Da sind sie aber immer noch – oder besser: Sie sind wieder da. Die Rede ist von der niederländischen Kultband bots. Das waren die mit dem charmanten Akzent, die in den Achtzigern immerzu trinken wollten, »7 Tage lang«. Jetzt starten sie mit »was sollen wir denken …« ihr Comeback – 14 Songs, brandneu und doch altbekannt.

Wegen »het lied van de werktätige jeugd« und anderen galten die bots als links. Das brachte ihnen 1976 eine Einladung zum »Festival des politischen Liedes« nach Ost-Berlin ein. Dort widmeten sie den Song »zeven dagen lang« Wolf Biermann. Die Veranstalter des Festivals fanden diese Solidaritätsbekundung überhaupt nicht witzig – trotzdem durften die Holländer ein Jahr später wiederkommen, sogar eine ganze Woche lang bleiben und an verschiedenen Orten auftreten.

Ein Auftritt auf dem Festival »Rock gegen Rechts« im Juni 1979 brachte den Durchbruch in der BRD, und den bots wurde angeboten, die Texte auf Deutsch zu übersetzen. Wolf Biermann revanchierte sich für das Ständchen, außerdem stiegen u.a. Günter Walraff und Henning Venske in dieses Projekt mit ein. 1981 starteten die bots eine anderthalbjährige BRD-Tournee, 1983 traten sie auf dem »Festival der Jugend« in Dortmund auf, und 1985 bei dem Festival »Künstler für den Frieden« in West-Berlin. »Die bots waren prägend für die Anti-AKW- und die Friedensbewegung«, sagt Konstantin Wecker rückblickend. Stimmt, keine SDAJ-Disco ohne »was wollen wir trinken«, ob Sitzblockade oder Ostermarsch: »Das weiche Wasser« spülte sehr oft den Stein.

Mit »was sollen wir den- ken …« erstrahlen die alten Songs neu. Sänger Hans Sanders hatte das Projekt 2006 angeschoben, nach seinem Tod 2007 spielte die Band noch vier Lieder mit seinem Nachfolger Rik Polmann ein. Bei der Neufassung von »was wollen wir trinken« wird ein Teil des Textes von Asia und Signore Rossi (Microphone Mafia) gerappt. Der Titelsong »was sollen wir denken …« beschreibt die Einheitsmedienwelt von Blöd und Co: »Ihr Schreibtischtäter, ihr Kriegsmachttrickser, ihr werft keine Bomben, ihr schreibt nur für die Wichser. Mit dem Blut der Opfer schmiert ihr es hin, dass es die Mörder nicht gewesen sind …«

Die Hörer werden 30 Jahre zurückversetzt. Das ist zumindest der erste Eindruck. Beim genaueren Hinhören fällt auf, wie gegenwärtig die Lieder aus den 1980er Jahren sind. Sie »berühren gewaltig« (Konstantin Wecker), weil sie erschreckend aktuell sind. Manche Texte, so alt sie sind, könnten gestern geschrieben worden sein: Rassismus, Krieg, Atomkraft, Sexismus, diese Themen bewegten uns damals – das tun sie heute aber immer noch.

Bots: was wollen wir denken (Al Dente Records)

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