Warnschuss

Déjà vu. Im Mai 2002 kam der französische Rechtsextremist Jean-Marie Le Pen in die Stichwahl ums Präsidentenamt, ein »Donnerschlag«, wie Medien kommentierten. Dieser Tage ist in großen Pariser Zeitungen von einem »Warnschuss« zu lesen: Marine Le Pen, derzeitige Führerin der Rechtspartei FN, liegt in einer Umfrage zur Präsidentschaftswahl 2012 deutlich vor Amtsinhaber Sarkozy und Sozialistenchefin Aubry.

Die von Aubry schnell aus der Schublade gezogene Erklärung, Sarkozy habe mit seinen Anti-Islam-Kampagnen die Wähler in die Arme der Rechten getrieben, greift allerdings zu kurz. Denn dass Frau Le Pen für einen Teil der Franzosen wählbar erscheint, hat verschiedene Gründe. Es ist der moderne Rechtsextremismus, der nicht mit plumpem Holocaust-Leugnen daherkommt, sondern mit kokett vorgetragenen gezielten Stichen einer geschiedenen Mutter und Anwältin, die es in ihrer männerdominierten Partei an die Spitze gebracht hat. Es ist die Ernüchterung über einen Präsidenten, der mit Hyperaktivismus antrat, aber seine Versprechen von Sozialschutz, Arbeitsplätzen und größerer Kaufkraft nicht wahr machte. Es ist nicht zuletzt Tatsache, dass es links von Sarkozy keine Identifikationsfigur gibt. FKP und Linkspartei halten sich – wohl auch wegen interner Differenzen – mit Wahlkampf noch zurück. Die populären Trotzkisten sind weitgehend in der Versenkung verschwunden. Und Martine Aubry gilt als Wackelkandidatin. Schließlich wird in keiner anderen französischen Partei so um Posten geschachert wie in der Sozialistischen. Deren populärster Politiker, Dominique Strauss-Kahn, sitzt noch als Direktor des Weltwährungsfonds in Washington – und schweigt.

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