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Putin sieht Russland jenseits der Krise

Premier legte vor der Duma Rechenschaft ab

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 2 Min.
Russland müsse selbstständig und stark sein, um Diktat und Einmischung von außen verhindern zu können. Das forderte Ministerpräsident Wladimir Putin am Mittwoch in seiner Jahresansprache in der Staatsduma.

Zwar habe das Land während der Wirtschafts- und Finanzkrise eine Schwächung vermeiden können, jetzt würden jedoch zehn Jahre stabiler Entwicklung gebraucht – ohne Hauruckaktionen und Experimente, die auf einem mitunter ungerechtfertigten Liberalismus beruhen. Mit Thesen wie dieser riss Premier Putin die Duma-Abgeordneten mehrfach zu Szenenapplaus hin. Putins Rechenschaftsbericht – sein dritter als Regierungschef – war der letzte vor den Duma-Wahlen im Dezember. Beobachter hatten daher vor allem eine Art Bilanz seiner Amtszeit erwartet und irrten sich gründlich. Vor ihnen stand keineswegs ein Mann, der beabsichtigt, sich nach Gewinnmitnahmen aus der Politik zurückzuziehen, wie einige Vertreter der Prophetenzunft orakeln, sondern einer, der weitreichende Pläne für die Zukunft hat und Russland auch künftig nach seinem Bilde formen will.

Das Land, erklärte Putin, habe die Krise besser bewältigt als die meisten Nachbarn in Europa. Russland erziele 2011 wieder ein Wirtschaftswachstum von gut vier Prozent – das größte innerhalb der G8-Gruppe. Er könne daher garantieren, dass die Regierung zu allen sozialen Verpflichtungen steht. Laut Verfassung sei Russland ein Sozialstaat, und der müsse endlich Konturen annehmen.

Vorrang hätten die Modernisierung von Bildungs- und Gesundheitswesen sowie die Verbesserung der Infrastruktur auf dem Lande. Die 83 Regionen sollen daher der Regierung bis Jahresende Entwicklungsprogramme mit konkreten Zielen und Fristen vorlegen.

Für wichtig hält Putin auch die Aufwertung von klassischen Industrieberufen. Damit stehe und falle die Konkurrenzfähigkeit der Industrie und damit auch die Diversifizierung der nach wie vor stark von Rohstoffexporten abhängigen Volkswirtschaft. Das Wort »Arbeiter« müsse wieder Prestige bekommen, eine Aufgabe, zu der Putin auch die Medien verpflichtete. Nur mit gut ausgebildeten und gut verdienenden Facharbeitern könne in Russland eine zahlenmäßig starke Mittelschicht entstehen, die in jeder Gesellschaft Grundlage für Stabilität ist. Immerhin peilt Russland nach Worten Putins für 2020 ein Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung von 35 000 Dollar an – mehr als Frankreich oder Italien derzeit vorweisen können.

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