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Nur einmal kurz über den Rhein

Blockade reihte sich an Blockade: Rechter »Marsch der Freiheit« wurde in Köln gestoppt

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Rund 200 Vertreter der »Pro«-Bewegung und andere Rechtspopulisten kamen bei ihrem Aufmarsch am Samstag in Köln nur wenige hundert Meter weit.
Gesperrte Deutzer Brücke am Samstag
Gesperrte Deutzer Brücke am Samstag

Dass sie »Tierbordelle« gefordert habe, »damit die muslimischen Männer dorthin gehen können und sich nicht an den Mädchen im Stadtpark vergreifen«, bestreitet Susanne Winter halbherzig. Eindeutig belegt sind Aussagen der FPÖ-Politikerin über Gene, die bei »Negern« zu »zu wenig Selbstbewusstsein« führen würden – und zwar »automatisch«. »Mein Geschichtsbild ist Privatsache«, pflegt die österreichische Parlamentarierin sich gegen den substanziierten Vorwurf zu verteidigen, sie habe in einer Zeitschrift des Holocaustleugners Walter Ochensberger publiziert. Gegen Muslime, Dunkelhäutige, Juden: das volle rassistische Programm also. Was hat solch eine Hetzerin im als tolerant geltenden Köln zu suchen?

Nichts, fanden am Samstag mehrere tausend Demonstranten. Ebenso wenig willkommen waren der Flame Filip Dewinter, Fraktionschef des rechtsextremen »Vlaams Belang«, die Bundesspitze der deutschen »Republikaner« und die lokal ansässigen Kameraden der »Pro«-Bewegung um den Leverkusener Rechtsanwalt Markus Beisicht.

So endete der »Marsch der Freiheit«, den diese Rechten nebst 200 Mann Fußvolk am Samstag antraten, bereits nach wenigen hundert Metern. Über die Deutzer Brücke, kamen die nicht sehr populären Populisten noch, wenn auch nur unter massivem Polizeischutz. Doch schon vor dem angrenzenden Heumarkt war Schluss.

Eigentlich wollten die Marschierer dort eine erste Zwischenkundgebung abhalten. Doch alle Wege in die Innenstadt waren blockiert – von einem Bündnis, das von Schwulen und Lesben bis zu katholischen Pfarrern reichte, von SPD, Grünen und Linkspartei bis hin zu linken Splittergruppen, vom wild gekleideten Schüler über den DGB-Landeschef bis hin zum Rentner im Sommeranzug. Man war laut. Man blieb friedlich. Letzteres galt weitestgehend auch für die Polizei, der zwar die brutale Verhaftung eines Punks vorgeworfen wird, die aber wenig Anstalten machte, den Rechten die Straße freizuprügeln. Das wäre auch in Arbeit ausgeartet: In der Kölner Innenstadt reihte sich Blockade an Blockade. Man setzte auf Effizienz statt auf Menschenmasse – in Köln demonstrierten auch schon mal 50 000 Menschen gegen die »Pro«-Bewegung.

Bereits die Anreise der Marschierer hatte sich verzögert. An den Treffpunkten in Leverkusen-Opladen und am Kölner Flughafen hatten sich ihnen mehrere hundert Demonstranten in den Weg gestellt. Ein Regionalzug wurde blockiert. Es kam zu Ingewahrsamnahmen.

Die vermeintliche Genexpertin Susanne Winter konnte nur auf der Auftaktkundgebung im Stadtteil Deutz vor einer überschaubaren Zuhörerschaft reden. Selbst im rechten Weblog »Politically Incorrect«, das dem Spektrum wohl gesonnen ist, wurde die behauptete Zahl von 1000 Marschierern in Frage gestellt. An selber Stelle wurde auch moniert, dass klar als rechtsextrem erkennbare Skinheads nicht ausgeschlossen wurden. Winter war dennoch begeistert. Die »Internationale der Nationalen« sei in Köln »endlich in die Wirklichkeit gehoben« worden, behauptete sie. »Ihr seid die Tapfersten der Tapferen«, rief sie den Anwesenden zu.

Dann erklärte Winter ihren Zuhörern die durchweg schlechte Medienresonanz der Bewegung: In Deutschland bestehe eine »erhebliche Kluft« zwischen der öffentlichen Meinung (»Das seid ihr!«) und der veröffentlichten Meinung, die Winter – so wörtlich: – »an schreckliche Propagandamedien in China, in Japan und, und, und Sowjetunion« erinnert. »Wie wir endlich wieder Herr im eigenen Hause werden«, erfuhren die Rechten allerdings nicht: Winters Redezeit und die Kundgebung mussten nach Absprachen mit der Polizei abgekürzt werden. Dann ging es kurz über den Rhein. Doch selbst am Wegesrand, am – ultralinker Umtriebe unverdächtigen – Maritim-Hotel hing ein »freiheitsfeindliches Transparent im Fenster«, beschwerten sich die Rechten später via Internet.

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